13 Jun 2024

Europawahl: Was könnte sich in der Pflege verändern?

Symbolbild: Europawahl - Was könnte sich in der Pflege verändern? Das Bild zeigt eine Hand, die einen Wahlbrief in eine Wahlurne steckt und im Hintergrund sind EU-Flaggen zu sehen.
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Vor Kurzem fand die Europawahl statt. Die meisten Parteien haben sich in ihren Wahlprogrammen zu ihren Visionen für das Gesundheitswesen geäußert. Mittlerweile sind die vorläufigen Ergebnisse da.

Wie könnte das neu gewählte EU-Parlament die Pflege beeinflussen? Wer ist die stärkste Kraft und welche Ziele verfolgt sie für die Gesundheitsbranche? In diesem Blogbeitrag werfen wir einen genaueren Blick auf die Wahlprogramme der vier stärksten deutschen Parteien und der vier stärksten Fraktionen im EU-Parlament. Auf welche potenziellen Entwicklungen muss sich die Pflegebranche zukünftig einstellen?

Ergebnisse der Europawahl 2024

Insgesamt darf Deutschland 96 Sitze verteilen. Das deutsche Wahlergebnis sieht wie folgt aus:

  • CDU/CSU: 23 Sitze
  • AfD: 15 Sitze
  • SPD: 14 Sitze
  • Grüne: 12 Sitze
  • BSW: 6 Sitze
  • FDP: 5 Sitze
  • Linke 3 Sitze
  • Andere: 12 Sitze

Das Europäische Parlament verfügt über 720 Sitze. Ein vorläufiges Gesamtergebnis unter Berücksichtigung aller EU-Länder sieht folgende Verteilung vor:

 

  • Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP): 189 Sitze
  • Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D): 135 Sitze
  • Renew Europe: 79 Sitze
  • Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR): 73 Sitze
  • Fraktion Identität und Demokratie: 58 Sitze
  • Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz (Grüne/EFA): 53 Sitze
  • Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament (The Left): 36 Sitze
  • Sonstige: 52 Sitze
  • Fraktionslos: 45 Sitze

Was möchten deutsche Parteien im Pflegebereich bewirken?

Die Wahlprogramme geben einen Einblick in das, was die Parteien für die Zukunft der Pflege planen. Wir haben euch eine Übersicht über die Visionen der vier deutschen Parteien, die bei der Europawahl die besten Ergebnisse erzielt haben, zusammengestellt:

CDU/CSU: Die Fraktion legt viel Wert auf europäische Zusammenarbeit. Sie spricht sich für die Entwicklung einer europäischen Pflegestrategie aus, die Zuständigkeiten sollen jedoch auf nationaler Ebene verbleiben. Austausch, Forschung und Personalgewinnung im Gesundheitswesen sollen intensiver gefördert werden. Zudem will sie die Außengrenzen der EU besser schützen und plant eine Krisenvorsorge auf europäischer Ebene, um in Zukunft besser vor Situationen wie der Covid-19-Pandemie geschützt zu sein.

AfD: Die Partei fordert eine Gesundheitspolitik, die gänzlich in der Verantwortung Deutschlands liegt und möchte europäischen Institutionen Kompetenzen entziehen. Sie spricht sich gegen eine Beteiligung der EU an der Verwaltung und Finanzierung von deutschen Krankenhäusern und die Privatisierung von Krankenhäusern sowie Pflegeeinrichtungen im Land aus. Zusätzlich kritisiert die Partei die sprachlichen sowie fachlichen Kompetenzen ausländischer Pflegekräfte und plädiert für den Einsatz von medizinischen Fachkräften, die „dem deutschen Standard entsprechen“ (AfD Wahlprogramm Europawahl 2024, S.45). Zudem fordern sie „die Errichtung physischer Barrieren, eine technische Überwachung und den Einsatz von Grenzschutzkräften“ (AfD Wahlprogramm Europawahl 2024, S.11), die den Schutz der EU-Außengrenzen stärken sollen.

SPD: Die SPD möchte Fachkräfte im Inland fördern, aber auch in die Gewinnung von ausländischen Pflegekräften investieren und sich für ein besseres Fachkräfteeinwanderungsrecht einsetzen, um eine erfolgreiche Integration sicherzustellen. Sie plädiert für „gemeinschaftliche Lösungen, [die] für Ordnung und Humanität an den Außengrenzen“ sorgen sollen (SPD Wahlprogramm Europawahl 2024, S.3).
Außerdem befürwortet die Partei eine Gesundheitsversorgung und -prävention auf europäischer Ebene sowie eine „europaweite Interoperabilität von Gesundheitsdaten mit sicheren und einheitlichen Standards“ (SPD Wahlprogramm Europawahl 2024, S.43). Sie will den Pflegebereich durch bessere Finanzierung sowie neue Regelungen auf europäischer Ebene stärken. Darüber hinaus spricht sie sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Pflege aus.

Grüne: Auch die Grünen streben eine stärkere europäische Zusammenarbeit hinsichtlich der Gesundheitspolitik an und befürworten, dass medizinische Einrichtungen in der EU unter Berücksichtigung von Datenschutz und IT-Sicherheit Zugang zu Gesundheitsdaten erhalten, vorausgesetzt die Patient*innen sind einverstanden. Sie sprechen sich für die Stärkung des Pflegebereichs aus und möchten „die Attraktivität des Pflegeberufs steigern, die berufliche Freizügigkeit innerhalb der EU in diesem Bereich erleichtern und die Arbeitsbedingungen des Pflegepersonals verbessern“ (Grüne Wahlprogramm Europawahl 2024, S.55). Die Grünen fordern eine bessere Bezahlung und umfassendere Weiterbildungsmöglichkeiten für Pflegekräfte, eine bessere finanzielle Unterstützung für Pflegeeinrichtungen sowie Forschungs- und Innovationsförderung im Pflegebereich. Sie wollen pflegende Angehörige besser unterstützen und die Rechtsvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz überarbeiten, damit auch Pflegekräfte in der häuslichen Pflege angemessen berücksichtigt werden. Auch sie fordern die Sicherstellung von „Humanität und Ordnung an den Außengrenzen“ (Grüne Wahlprogramm Europawahl 2024, S.103).

Gesundheit und Pflege: Was fordern die Fraktionen im Europäischen Parlament?

Die vier stärksten Fraktionen im Europäischen Parlament sind die EVP, der die CDU/CSU angehört, die S&D, bei der die SPD Mitglied ist, Renew Europe, zu der die FDP und die Freien Wähler gehören und die EKR, zu der das Bündnis Deutschland zählt. Dies sind die Visionen der jeweiligen Fraktionen:

EVP: Sie spricht sich für ein Europa aus, das hohe Gesundheits- und Pflegestandards anstrebt und möchte eine europäische Pflegestrategie weiterentwickeln, die die Pflege aller Menschen, unabhängig von sozialem Status oder Herkunft, sicherstellt. Die EVP fordert die Abschaffung der Lohnlücke und die Förderung von Forschungsprojekten und Bildungsmöglichkeiten im medizinischen Bereich. Zusätzlich begrüßt sie einen umfassenderen Schutz der EU-Außengrenzen.

S&D: Die Fraktion fordert die Einführung einer Europäischen Gesundheitsunion, die auf eine bessere Krankheitsprävention, Gesundheitsversorgung und -kompetenz abzielt und möchte, dass eine gute medizinische und pflegerische Versorgung für jeden Menschen zugänglich ist. Sie spricht sich dafür aus, der EU mehr Verantwortung hinsichtlich der Gesundheitspolitik zu übertragen und Menschen aller Geschlechtsidentitäten Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung zu gewähren.

Renew Europe: Auch Renew Europe hat sich in der Vergangenheit für die Einführung einer europäischen Gesundheitsdatenplattform ausgesprochen, die medizinischem Fachpersonal – nach Einwilligung – den Zugang zu Patient*innendaten ermöglicht. Zudem fordert sie, dass jeder Mensch einen gleichwertigen Zugang zu medizinischer und pflegerischer Versorgung haben soll. Auch Renew Europe befürwortet die Stärkung der EU-Außengrenzen.

EKR: Die Fraktion äußert sich in ihrem Wahlprogramm nicht konkret zu Plänen für den Gesundheits- und Pflegebereich. Allerdings fordert auch sie stärkere Kontrollen an den europäischen Außengrenzen.

Ausblick: Mögliche Auswirkungen der Europawahl auf die Pflegebranche in Deutschland

Viele Parteien bzw. Fraktionen begrüßen eine stärkere europäische Zusammenarbeit hinsichtlich der Gesundheitspolitik. Die meisten sehen die Notwendigkeit, den Pflegebereich zu stärken. Daher wollen viele in die Anwerbung von Fachkräften investieren und die Attraktivität der Pflegeberufe steigern. Außerdem befürworten viele von ihnen die Schaffung einer Gesundheitsdatenplattform, die die Einsicht von Patient*innendaten, nach deren Einwilligung, erleichtern soll.
Ein Großteil der Fraktionen im Parlament fordert strengere Grenzkontrollen, wodurch die Einwanderung für Fachkräfte aus dem (europäischen) Ausland erschwert bzw. aufwendiger werden könnte. Was allerdings wirklich umgesetzt wird und was nicht, bleibt abzuwarten.

Seid ihr zufrieden mit dem Ergebnis der Europawahl 2024?

Quellen
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