Von TikTok bis Podcast: @pflegeecho erobert Herzen mit Kölschem Humor
„Hallo ihr Liebschen“ – mit diesen kölschen Worten begrüßt Frau Müller ihre Zuhörer seit Kurzem im Podcast „Pflegeecho“. Die alte Dame ist aber keine reale Person, sie wird von Altenpflegerin Bibi (33) gespielt, die sich mit ihr unterhält und dort ihre Gedanken zur Pflegebranche teilt. Eigentlich kennt man die fröhliche Kölnerin von TikTok und Instagram, wo sie schon seit einigen Jahren Comedy-Videos veröffentlicht, in denen sie Situationen in der Pflege auf sympathisch-humorvolle Art aufs Korn nimmt. Und das kommt gut an: Auf TikTok folgen ihr über 38.000, auf Insta über 5.000 Leute. Sie bekommt hauptsächlich positives Feedback, musste aber auch schon Gegenwind einstecken. Das hindert sie aber nicht daran, sich weiterhin öffentlich für die Pflege stark zu machen.
Von kritischen Pflegesongs zu Comedy-Videos
In der Corona-Krise rückte die Pflege ins Rampenlicht und mit ihr der Pflegenotstand. Applaus für die enorme Leistung der Pflegekräfte stand interner Kritik und Konflikten unter Pflegekräften gegenüber. Der Austausch, der sich in der Zeit entwickelte, inspirierte Bibi dazu, auf Social Media aktiv zu werden. „Ich wollte zeigen, dass Pflege nicht immer nur negativ ist“, sagt sie. Alles begann 2021 mit eigenen kritischen Pflegesongs, die sie auf TikTok veröffentlichte. „Dass ich dann letztendlich Comedy mache, war eigentlich ein Zufall“, gesteht sie lachend. Sie wollte nur mal einen Filter ausprobieren und zack – das Video ging viral und Frau Müller war geboren!
Heimlicher Star der Pflege-Videos
Frau Müller – wer ist das? „Sie ist der Prototyp einer pflegebedürftigen Person aus der Altenpflege“, erklärt Bibi. Und die sympathische Oma wirkt täuschend echt. Möglich macht’s der Mix aus dem Alte-Damen-TikTok-Filter und dem Kölschen Dialekt. Für den braucht Bibi übrigens keinen Stimmfilter, denn Kölsch reden liegt ihr im Blut. „Die Stimme ist von meiner Oma inspiriert“, sagt sie. „Sie war ein sehr lustiger Mensch und am Telefon haben wir immer Quatsch gemacht.“ Auch in ihrem neuen Podcast kann sie die Erinnerungen an ihre eigene Oma im Gespräch mit Frau Müller wieder ein wenig aufleben lassen. Wie viele Zuhörer sie hat, spielt für Bibi keine Rolle: „Auch wenn es nur einer wäre, den ich inspirieren könnte, würde mir das schon reichen.“
Schnippi wird geliebt, Marlene nervt
Neben Frau Müller gibt es noch einige andere Charaktere. Zum Schmunzeln bringt ihre Follower zum Beispiel auch Schnippi. Der Pflege-Azubi entspricht mit seinen Bartstoppeln und dem dicken Gesicht nicht unbedingt dem Schönheitsideal, hat sich aber zum Publikumsliebling gemausert. Er ist teils Prototyp, teils autobiografisch. „Schnippi spiegelt ein Stück weit mich in der Ausbildung wider und strahlt oft Unsicherheit aus“, erklärt Bibi. Ein wichtiger Charakter, findet Bibi, weil die Azubis ein bedeutender Teil der Pflege seien. Ein weiterer Charakter ist Marlene, eine Tochter von Frau Müller. Sie stehe für die negativ behafteten Angehörigen, die sich um eine gute Versorgung bemühen, aber wenig Verständnis für Pflegekräfte haben, sagt Bibi. Doch sie betont: „Es gibt auch viele wirklich liebe Angehörige.“
Von welchem @pflegeecho-Charakter seid ihr Fan?
Kritische Töne: „Das sind nicht meine Kollegen“
Bibi liebt den Austausch mit ihrer Community und hat Spaß an der Erstellung ihres Contents. Sie bekommt viel positives Feedback, musste aber auch schon Gegenwind einstecken. Im Sommer 2022 richtete das Wallraff-Team den Fokus auf Altenheime, wo richtig viel schief lief. „Leute wurden wie ein Stück Fleisch behandelt und in ihren Ausscheidungen liegen lassen“, beschreibt Bibi angewidert. Sie war so erschüttert von den Zuständen, dass sie dazu in einem Video Stellung bezog. „Ich wollte klar machen, dass Menschen, die so widerwärtig mit Pflegebedürftigen umgehen, nicht meine Kollegen sind.“ Die Welt der Pflege sehe sie generell als Verbundenheit und auch andere Pflegekräfte als ihre Kolleg*innen – aber eben nicht diese. „Das sind Pflegekräfte, die nicht den Absprung geschafft haben und ihren Frust an den zu Pflegenden auslassen“, sagt sie. Ein völliges No-Go für die Altenpflegerin!
Pflege ist Bibi’s Steckenpferd: „Ich kann nicht ohne“
Dass Frust aufkommen kann als Pflegekraft, kann die 33-Jährige gut nachvollziehen. Auch sie pausierte einmal ihre 17-jährige Pflegelaufbahn, weil sie nicht mehr mit den Arbeitsbedingungen übereinstimmte. Nach einem halben Jahr merkte Bibi aber: Sie muss zurück. „Die Pflege ist einfach mein Steckenpferd“, beteuert sie. Glücklicherweise fand sie einen Arbeitgeber, der auch ihre Werte vertritt, wie Zeit für die Pflegebedürftigen zu haben, als Pflegekraft gehört zu werden und offen für Ideen und Veränderungen zu sein. Dort möchte sie nicht mehr weg, auch nicht für mehr Gehalt. „Was nützen mir 2000 Euro mehr, wenn ich unglücklich bin?”
Wünsche für die Zukunft: Azubis sind Teil des Teams!
Ein Thema liegt Bibi sehr am Herzen: die Azubis. Sie sollten viel wärmer willkommen geheißen und wertgeschätzt werden. „Sie sind Teil des Teams und so wichtig für die Zukunft der Pflege“, findet sie. Man sollte sich über motivierte, engagierte Leute freuen und sie auch ermutigen, ihre eigenen Ideen einzubringen. Sie sollten das Gefühl haben, dass sie gehört werden und etwas bewegen können – sonst werde sich auch nichts ändern, da ist sich die Kölnerin sicher.
Bibi’s Appell: „Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, dass es besser läuft in der Pflege!“
Die erfahrene Pflegekraft aus Köln weiß, dass viel schief läuft in der Pflege, aber erkennt auch positive Entwicklungen. „Zum Beispiel beim Thema Ausbildung wird viel getan. Man sieht, dass der Wille zur Entwicklung da ist“, findet Bibi. Aber nicht nur Politiker könnten etwas bewegen: „Ich finde, jeder, der in der Pflege arbeitet, kann seinen Teil dazu beitragen, dass es in Zukunft besser läuft!“ Auch das Konkurrenzdenken untereinander sollte endlich aufhören. Deswegen appelliert Bibi an ihre Kolleg*innen:
„Leute, vertragt euch untereinander und lasst mal Fünfe grade sein! Versucht einfach das Beste aus der Situation zu machen und seht die Pflege als große Community, wo ihr euch Rat suchen und austauschen könnt. Jeder kann seinen Teil dazu beitragen, die Pflege ein Stück weit besser zu machen. Und wenn’s nur von Tag für Tag ist und wenn man auch nur für ein Lächeln beim Kollegen sorgt oder bei einer pflegebedürftigen Person. Das ist ja letztendlich das, warum wir den Beruf gewählt haben: Wir wollen den pflegebedürftigen Menschen eine gute Lebensqualität ermöglichen. Und das kann jeder von uns durch die eigene Grundhaltung beeinflussen.“
Wir danken Bibi für das herzliche Gespräch und freuen uns auf weitere sympathisch-lustige Videos und Podcast-Folgen mit Frau Müller, Schnippi und Co.! Viel Spaß und Erfolg weiterhin wünscht das PKM-Team