Brustkrebs in der Schwangerschaft: „Ich hab zu aller erst an meine Familie gedacht”
Inmitten ihrer Schwangerschaft erhält Linda damals eine Schockdiagnose: Brustkrebs. Entscheidungen, die sich eigentlich um die Farbauswahl für das Babyzimmer drehen sollten, mögliche Namen für den neuen Schatz in ihrem Leben zu finden, all diese Gedanken rückten schlagartig in den Hintergrund. Den Moment zu beschreiben fällt ihr noch heute schwer. Bereits während der Schwangerschaft begannen die ersten Chemotherapien und Linda nahm den Kampf gegen den Brustkrebs auf. Im Interview mit uns wird schnell klar, sie ist ein absoluter Familienmensch und trägt eine offene und positive Persönlichkeit in sich. Direkt nach der Diagnose gehörten die ersten Gedanken nur ihrer Familie, aber lest selbst.
Die Diagnose zog wie ein Rausch an ihr vorbei
Damals war Lindas Sohn knapp anderthalb und ein weiteres Baby sollte das Glück von ihrem Mann und ihr vollkommen machen. Doch, inmitten ihrer Schwangerschaft kam dann die Diagnose Brustkrebs. Ab diesem Moment stellte sich das Leben von Mama Linda komplett auf den Kopf. Sie erzählt uns, dass die Situation von der Diagnose, bis zur Besprechung der nächsten Schritte wie ein „Rausch” an ihr vorbei zog. „Meine ersten Gedanken gehörten meinem ungeborenen Baby und unserem damals anderthalb jährigen Sohn, sowie meinem Mann und zuletzt habe ich dann an mich gedacht. Denn sie sind mein Ein und Alles. Ohne sie bin ich nichts”.
Sie wusste kaum wo ihr der Kopf stand, schnell schwirrten die schlimmsten Befürchtungen und Ängste in ihrem Kopf umher. „Ich hatte Angst. Angst zu sterben. Angst um mein Ungeborenes und Angst, meinen Kindern nicht mehr ein Leben lang ihre Mama sein zu können und sie nicht mehr erleben zu dürfen”.
Krebs in der Corona Hochphase
Brustkrebs in der Schwangerschaft alleine ist ein hartes Brett, das man als werdende Mutter erst einmal stemmen muss. Noch dazu erschwerte die Corona Pandemie weltweit die medizinische Versorgung. Auch Linda bekam das schmerzlich mit. Anfänglich hatte sie noch Glück und am Tag der Diagnose durften ihr Mann, sowie ihr Sohn noch mit ins Behandlungszimmer. „Regulär hätte ich alleine zur Verkündung der Diagnose kommen müssen, doch die Ärzte haben ihr Bestes gegeben und so musste ich diesen schweren Moment nicht alleine erleben”. Jedoch blieb es nicht dabei und so musste sie die Chemotheraphien dann alleine schultern. In dieser Zeit hatte sie aber auch sehr fürsorgliche Pflegekräfte, die stets versuchten ihr das Leben so einfach wie nur möglich zu machen. Jedoch gab es eine Zeit, in der es besonders schwer für die werdende Mutter war: „Zur Halbzeit der Chemo und der geplanten Einleitung der Geburt habe ich Corona am schlimmsten gespürt. Ich war vier Tage komplett auf mich allein gestellt. Die Einleitung der Geburt mit ihren künstlichen, tagelangen Wehen waren neben der körperlichen Belastung auch belastend für das Herz und die Seele und ich hätte mir so sehr gewünscht, dass wenigstens mein Partner an meiner Seite sein darf”.
Chemotherapie während der Schwangerschaft: geht das?
Müdigkeit, Infektanfälligkeit, Haarausfall oder Übelkeit sind nur einige der Nebenwirkungen einer Chemotherapie. Für viele ist es deshalb unvorstellbar, dem Körper dieses Leiden während einer Schwangerschaft auszusetzen. Jedoch gab Lindas Arzt ihr sofortige Gewissheit und Sicherheit, so dass sie sich sicher gefühlt hat und mit der Therapie begonnen werden konnte. Denn entgegen vieler Erwartungen ist die Chemotherapie für das Ungeborene nicht unbedingt schlimm. Sie erzählt uns: „Ich wurde direkt aufgeklärt, auch von den Erfahrungen, die man mit anderen Schwangeren gemacht hatte und dass in der Regel keine schweren Nebenwirkungen für das Kind zu erwarten sind. Das nahm mir so viel Sorge, denn ich war ja eh gezwungen auf die Aussagen und Erfahrungen der Medizin zu vertrauen. Schließlich wollte ich leben. Überleben, für meine Kinder und ich war einfach nur dankbar, dass ich nie vor die Entscheidung – Mein Kind oder Ich – gestellt wurde”.
Lindas unglaublicher Überlebenswille hat sich sicher auch auf ihren noch ungeborenen Sohn übertragen, denn tatsächlich hat sie einen gesunden, wundervollen Sohn zur Welt gebracht und das trotz ihrer Krankheit und um ihren harten Kampf die Krone aufzusetzen, konnte sie letztendlich auch den Krebs besiegen und kann sich derzeit krebsfrei nennen.
Für mehr Aufklärung auf Social Media
Unter dem Accountnamen @just_inked87 nimmt Linda seit Beginn ihrer Diagnose nun mittlerweile mehr als 40.000 Follower*innen mit auf ihre Reise. Was anfangs ein ganz normaler Instagram Account war, entwickelte sich mit der Zeit immer mehr zu einem Ventil, in dem sie ihre Gefühle und Erfahrungen mit Anderen teilen konnte. „Ich schreib einfach runter, was mich so beschäftigt hat. So konnte ich alles besser verarbeiten und fand einen Ort, an dem ich auch auf andere erkrankte Frauen traf, die mir neben dem Austausch wiederum viel Mut und Hoffnung machten”. Je mehr sie mit ihrer Community interagierte, desto bekannter wurde sie und das Thema bekam nach und nach mehr Aufmerksamkeit. Sie konnte mit ihren Emotionen und ihren Erfahrungen auch anderen Mut machen und Betroffenen das Gefühl geben, dass andere ihr selber im sozialen Netzwerk gegeben hatten. Sie will ihr Profil auch weiterhin fortführen, um für Andere da zu sein: „Ich nutze nun meine Reichweite, um auch Nicht-Erkrankte auf dieses so wichtige Thema aufmerksam zu machen und zu mehr Achtsamkeit mit sich selbst, der Selbstuntersuchung der Brust und dem regelmäßigem Wahrnehmen der Vorsorgeuntersuchungen zu bewegen!”.
Keine Angst vor der Vorsorge
Fühlt man sich gesund, muss man ja keinen Grund zur Sorge haben: Falsch! Eine frühzeitige Erkennung kann Leben retten und auch wenn viele den Gedanken einer Krebsvorsorge nicht mögen, ist es umso wichtiger seinen Körper checken zu lassen. Auch Linda hat hier eine klare Meinung: „Niemand braucht Angst vor der Vorsorge zu haben. Krebs kündigt sich nicht an wie ein Schnupfen. Umso eher wir Krebs erkennen, desto früher kann reagiert und therapiert werden. Also egal, wie diese Vorsorgeuntersuchungen ausgehen, sie ist positiv, weil entweder nichts gefunden wird oder weil etwas gesehen wurde und direkt reagiert werden kann”.
Eine andere Sicht der Dinge
Linda wirkt auf uns wie eine sehr positiv eingestellte und liebevolle Mama, doch auch sie hat ihre schweren Phasen und sieht nicht immer alles in einem hellen Licht. „Immer positiv zu sein, das geht gar nicht. Es ist jedoch wichtig, dass man sich nicht in einem dunklen Loch verfängt, sondern den Blick immer wieder in Richtung Sonne lenkt. Mein Antrieb war jedoch immer wieder meine Familie. Ohne sie an meiner Seite hätte ich das alles so nicht meistern können”.
Viele Betroffene, aber auch Angehörige lernen das Leben nach oder auch während einer Krebserkrankung ganz anders kennen. Was einst wichtig erschien, ist längst in den Hintergrund gerückt und die kleinen Dinge im Leben bekommen eine ganz andere Bedeutung. So hat sich auch Lindas Sicht auf das Leben ein Stück weit verändert. Sie verrät uns, dass sie zwar schon immer sehr dankbar für ihre Familie und ihr Leben war, die Krankheit sie jedoch demütiger gemacht habe. Doch, sie erwischt sich auch bereits dabei, wie kleine Unstimmigkeiten sie zum Fluchen oder Aufregen bringen, seien es belanglose Kleinigkeiten, oder das Schimpfen während der Autofahrt. Ein Zeichen dafür, dass sie endlich wieder in ihr altes Leben zurückkehren konnte, etwas verändert, aber stärker als je zuvor. Lindas Geschichte ist ein wundervolles Beispiel dafür, dass es sich immer lohnt zu kämpfen und den Lebenswillen nicht zu verlieren.