Das Thema Suizid ist für viele Menschen noch immer ein Tabu. Ganz besonders ältere und pflegebedürftige Menschen sind davon überproportional häufig betroffen: Während Menschen, die über 65 Jahre alt sind, gerade einmal 21% der Bevölkerung ausmachen, werden 35% der Suizide von Vertreter*innen dieser Altersgruppe verübt. Hinzu kommt, dass die Suizid-Quote gleichzeitig mit den Lebensjahren ansteigt. Statistiken zeigen, dass das Selbstmordrisiko bei Menschen ab dem 75. Lebensjahr mehr als doppelt so hoch und ab dem 85. Lebensjahr etwa dreimal so hoch ist wie das der durchschnittlichen Bevölkerung. Woran genau liegt das?
Depressionen sind behandelbar
Eine Depression ist eine ernste Krankheit. Neben dem psychischen Leid, das sie verursacht, wirkt sie sich auch negativ auf die physische Verfassung der Betroffenen aus und kann zum Beispiel Diabetes- oder Herz-Kreislauferkrankungen verschlimmern. Mithilfe einer Therapie und den richtigen Medikamenten ist eine Depression aber gut behandelbar und das Suizid-Risiko lässt sich senken – entscheidend ist dabei die frühzeitige Erkennung des schlechten psychischen Zustandes.
Pflegekräfte sind entscheidend für die Früherkennung
Pflegekräften kommt bei der Suizidprävention eine Schlüsselrolle zu. In den meisten Fällen gehören sie zu den engsten Kontakten der Betroffenen und begleiten sie in ihrem Alltag. Daher ist es wichtig, aufmerksam zu bleiben und auch kleine Anzeichen ernst zu nehmen. Wer ein gutes Gespür für seine Patient*innen hat und die Anzeichen erkennt, wird Veränderungen und Warnzeichen schnell erkennen und kann entsprechend handeln.
Wie erkenne ich eine Depression?
Eine beginnende Depression oder Suizidalität sind nur schwer zu identifizieren. Die Warnsignale reichen von Hilf- und Hoffnungslosigkeit über Zurückgezogenheit und Schlafstörungen bis hin zur Verweigerung von Nahrungs- und Flüssigkeitszufuhr. Auch Symptome, die in der Regel mit Alzheimer-Demenz in Verbindung stehen, wie die Verlangsamung des Denkens und Sprechens sowie Schwierigkeiten bei der Konzentration, können auf eine Depression hinweisen.
Was tun bei Suizidalität?
Wenn der oder die Betroffene ihren Sterbewunsch den Pflegenden gegenüber äußert und Sätze wie „es hat doch keinen Sinn mehr“ oder „ich falle allen nur noch zur Last“ fallen, sollte dem in jedem Fall nachgegangen und ernstgenommen werden. Das Vorurteil, dass Diejenigen, die über ihre Suizid-Pläne reden, ihr Leben ohnehin nicht beenden wollen, stimmt nicht. Egal ob ein Suizid direkt angesprochen wird oder das Verhalten der betroffenen Person in diese Richtung ändert – Pflegende sollten keine Angst davor haben, das Gespräch mit ihren Patient*innen zu suchen.
Kommunikation ist das A und O
Wenn Pflegekräfte das Gefühl haben, ihre Patient*innen könnten depressiv sein oder an Suizid denken, sollten sie ihnen mit einem Kommunikationsangebot entgegenkommen. Hierbei ist es wichtig, die Aussagen der Betroffenen nicht zu bewerten oder zu versuchen, sie zu beschwichtigen. Es ist besser, genau hin zu hören und in Erfahrung zu bringen, wie konkret die Suizid-Pläne sind. Anhand dessen lässt sich der Schweregrad der Suizidalität besser einschätzen. Generell gilt, je mehr Raum die suizidalen Tendenzen im Denken einnehmen und je genauer der Suizid geplant ist, desto akuter ist die Krise.
Das ganze Team sollte einbezogen werden
In Rücksprache mit dem restlichen Pflegeteam kann anschließend das weitere Vorgehen besprochen werden. Viele der Betroffenen profitieren bereits von einer Intensivierung der sozialen Beziehungen zu ihren Kontaktpersonen und vertrauensvollen Gesprächen, aber zusätzliche ärztliche Hilfe ist ebenfalls ratsam.
Vorbereitung auf den Ernstfall
Der richtige Umgang mit depressiven oder suizidalen Menschen erfordert Fingerspitzengefühl und kann auch für die Pflegenden belastend sein. Es kann hilfreich sein, sich als Pflegeteam auf eine derartige Situation vorzubereiten und sich einen Handlungsplan zurechtzulegen. Anbieter wie die Deutsche Depressionshilfe bieten außerdem Schulungen und online Übungstools zu diesem Thema an.
Du kennst Pflegebedürftige mit suizidalen Gedanken oder bist selbst betroffen? Auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention findest du eine Liste an Hilfsangeboten und Telefonnummer für ganz Deutschland. Dort kannst du vertrauensvoll nach Hilfe suchen oder dich beraten lassen: www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/
Quellen:
Gesundheit GV: www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/wissenswertes/alte-menschen
Psychotherapeutenkammer Berlin: www.psychotherapeutenkammer-berlin.de/system/files/broschuere_suizidpraevention_im_alter.pdf
Deutsche Depressionshilfe: www.deutsche-depressionshilfe.de/unsere-angebote/fuer-firmen-und-organisationen/pflege-und-depression-esor
BMFSFJ: www.bmfsfj.de/resource/blob/94968/4911ef06d7e66d8490a104bfa1b0e151/prm-24421-sr-band-212-data.pdf
Friedrich Verlag: www.friedrich-verlag.de/pflegen-demenz-palliativ/symptome-interventionen/umgang-mit-suizidalen-patienten-in-der-palliativ-care
Gesund und aktiv älter werden: www.gesund-aktiv-aelter-werden.de/gesundheitsthemen/depression-im-alter/
iFightDepression: ifightdepression.com/de/fuer-multiplikatoren