02 Jul 2021

Suizid bei Pflegebedürftigen – Ein wichtiges Tabuthema

Symbolbild Suizid bei Pflegebedürftigen: Alter Mann im Rollstuhl
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Das Thema Suizid ist für viele Menschen noch immer ein Tabu. Ganz besonders ältere und pflegebedürftige Menschen sind davon überproportional häufig betroffen: Während Menschen, die über 65 Jahre alt sind, gerade einmal 21% der Bevölkerung ausmachen, werden 35% der Suizide von Vertreter*innen dieser Altersgruppe verübt. Hinzu kommt, dass die Suizid-Quote gleichzeitig mit den Lebensjahren ansteigt. Statistiken zeigen, dass das Selbstmordrisiko bei Menschen ab dem 75. Lebensjahr mehr als doppelt so hoch und ab dem 85. Lebensjahr etwa dreimal so hoch ist wie das der durchschnittlichen Bevölkerung. Woran genau liegt das?

 

Ältere Menschen sind besonders gefährdet

Gründe für den Anstieg der Suizidrate bei älteren und pflegebedürftigen Menschen kann die Angst vor einer schweren Erkrankung, der Verlust vertrauter Menschen im familiären Umfeld (wie den/die Ehepartner*in) oder der Wechsel der Wohnform sein.
Obwohl aber Menschen ab 65 Jahren besonders gefährdet sind, nehmen sie laut dem Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention deutlich seltener Hilfsangebote in Anspruch als Jüngere. Alterssuizide werden eher toleriert und als „seltene“ Todesursache abgetan.

Leider hat aber auch ein Bereich wie die ambulante Intensivpflege noch mit dem Personalmangel zu kämpfen. Das liegt unter anderem auch daran, dass viele Fachkräfte die Option der Intensivversorgung im Zuhause der Patient*innen oder in einer Wohngemeinschaft für Intensivpflege gar nicht kennen.

Pflegebedarf wirkt sich auf das Selbstwertgefühl aus

Neben der persönlichen Lebensgeschichte werden ältere Personen durch verschiedene körperliche und psychische Faktoren zu einer Hochrisikogruppe für suizidale Gedanken. Mit dem Altern geht auch körperlicher Verfall und Krankheit einher. Diese Entwicklung schränkt die Menschen zunehmend in der Bewältigung ihres Alltags ein. Sind sie infolgedessen auf Pflege angewiesen, erleben sich die Betroffenen als weniger selbstwirksam und ihr Selbstwertgefühl kann darunter leiden.

Älteren Menschen fehlen soziale Beziehungen

Um mit den altersbedingten Belastungen umzugehen und den Spaß am Leben nicht zu verlieren, sind enge soziale Beziehungen sehr wichtig. Doch im Alter wird es auch immer schwieriger, mobil zu bleiben und Freundschaften zu pflegen. Zusätzlich mehren sich oft auch die Todesfälle im Freundes- und Bekanntenkreis je älter man wird. Die Folge sind Einsamkeit und soziale Isolation, die wiederum das Suizid-Risiko erhöhen.

Älterwerden ist nichts, wofür man sich schämen muss

Ein weiterer verstärkender Faktor ist das Bild vom Älterwerden, das in der Gesellschaft vorherrscht. Zu altern ist für viele Menschen noch etwas Negatives, mit dem nur eine Verschlechterung der eigenen Gesundheit einhergeht. In der öffentlichen Wahrnehmung werden oft nur die zusätzlichen Belastungen und die Einschränkungen, die ein hohes Alter mit sich bringt, betont. Durch diese körperlichen Grenzen sehen sich ältere Menschen oft als Zumutung für ihre Mitmenschen und erleben sich nicht länger als wertvolles Mitglied der Gesellschaft – insbesondere wenn sie von Angehörigen gepflegt werden oder finanzielle Hilfe bei der Finanzierung eines Pflegedienstes benötigen.

Unterstützung und Hilfe sind jetzt notwendig

Diese und viele weitere Gründe sorgen dafür, dass sich pflegebedürftige Menschen schlecht und minderwertig fühlen. Daraus entstehen nicht selten Verstimmungen, emotionale Ausbrüche oder Depressionen. Weil die Anzeigen für eine Depression oft sehr undeutlich sind, sind sich oftmals nicht einmal die Betroffenen selbst ihrer Krankheit bewusst oder unterschätzen diese. Dabei gelten Depressionen in Deutschland als Hauptursache für Suizide.

Daher sollten Angehörige und Pflegekräfte die Zeichen einer beginnenden Depression frühzeitig erkennen können, um den Pflegebedürftigen Hilfe und Unterstützung bieten zu können.
Du kennst Pflegebedürftige mit suizidalen Gedanken oder bist selbst betroffen? Auf der Website der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention findest du eine Liste an Hilfsangeboten und Telefonnummer für ganz Deutschland. Dort kannst du vertrauensvoll nach Hilfe suchen oder dich beraten lassen: www.suizidprophylaxe.de/hilfsangebote/hilfsangebote/

Quellen:

Gesundheit GV: www.gesundheit.gv.at/leben/suizidpraevention/wissenswertes/alte-menschen

Psychotherapeutenkammer Berlin: www.psychotherapeutenkammer-berlin.de/system/files/broschuere_suizidpraevention_im_alter.pdf

Deutsche Depressionshilfe: www.deutsche-depressionshilfe.de/unsere-angebote/fuer-firmen-und-organisationen/pflege-und-depression-esor

BMFSFJ: www.bmfsfj.de/resource/blob/94968/4911ef06d7e66d8490a104bfa1b0e151/prm-24421-sr-band-212-data.pdf

Friedrich Verlag: www.friedrich-verlag.de/pflegen-demenz-palliativ/symptome-interventionen/umgang-mit-suizidalen-patienten-in-der-palliativ-care

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