Frauen in der Pflege: Hört endlich auf sie sexy Krankenschwester zu nennen!

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Alle Jahre wieder ehren wir unsere Frauen am 8. März, dem Weltfrauentag. Es gibt Blumen, Grüße und Wertschätzung in Form von „wir brauchen euch wirklich” und „ohne euch, wären wir wirklich aufgeschmissen”. Wenn dem wirklich so ist, warum handeln wir dann nicht auch endlich so? Noch immer ist es völlig normal, dass Frauen sich nach getaner Arbeit um den Haushalt kümmern, die Kinder hüten, sich um die älter werdende Schwiegermama kümmern, den Einkauf tätigen und vieles mehr. Schlimmer noch, Frauen werden noch immer auf ihr Geschlecht reduziert und mit anrüchigen Sprüchen angemacht. Solche Erfahrungen sind gerade in der Pflege leider nicht selten.

Wir haben mit Menschen aus der Pflege über das Bild der Frau gesprochen. Weibliche aber auch männliche Pflegekräfte wollen, dass sich endlich etwas ändert!

Julia: „Ich denke, in der Pflege hat sich in Hinsicht auf die Frauenbewegung nicht viel verändert”

Schon in unserem vergangenen Interview mit Julia wird uns schnell klar, dass sie eine wahre Frohnatur ist, die sich von nichts so schnell unterkriegen lässt. Doch wenn es um ihr Geschlecht geht, musste auch sie bereits einige unschöne Erfahrungen machen. Sie selbst wünscht sich noch viel mehr Engagement und ist der Meinung, dass das Klischee leider noch immer in vielen Köpfen verankert ist. „Ich glaube das klassische Bild der Krankenschwester wird sich nicht verändern. Die Gesellschaft sieht es immer noch als Frauenberuf”, erklärt die Krankenpflegerin.

Aber das ist nicht alles, womit Frauen generell, aber vor allem in der Pflege zu kämpfen haben. Julia erzählt uns von Momenten, in denen männliche Patienten sie als „sexy Krankenschwester” mit entsprechenden Sprüchen titulieren. Es gab auch einen Moment, in dem ein Patient, während sie ihn duschen wollte, ihr Kasack nass machen wollte, „er wollte es durchsichtig machen” erzählt sie uns.

Und nun steht sie da, voller Stolz auf ihren Beruf und erzählt uns wie schön die Pflege ist. Gerade dieser Aspekt macht nicht nur Julia, sondern auch viele andere Frauen in der Pflege, so anmutig und einzigartig. Sie werden beleidigt, auf ihr Geschlecht reduziert und in manchen Fällen mit noch schlimmeren Dinge konfrontiert und doch bleiben sie stark und lieben ihren Beruf. Ist es für uns also wirklich so schwer, sie einfach gerecht und gleichberechtigt zu behandeln? Schluss mit der „sexy Krankenschwester”, erkennt die Frauen in der Gesellschaft genauso an, wie die Männer!

Lisa: „hier und da kamen unangenehme Kommentare zum Vorschein”

Lisa nimmt ihre Follower*innen auf Instagram sowie TikTok mit in ihren Pflegealltag und lässt kaum etwas aus. Dabei ist sie mal humorvoll, mal informativ aber auch ernst unterwegs. Sie liebt ihren Job und ist stolz auf das, was sie bisher erreicht hat, mit Recht: „Ich bin unglaublich stolz darauf, dass ich in meiner Position als GuK auf der Intensiv so vielen Menschen dabei helfen kann, ihre schwere Erkrankung zu besiegen”, erzählt uns Lisa. Ihre Kraft schöpft sie vor allem aus den Momenten, in denen Patient*innen, denen sie zurück ins normale Leben geholfen hat, vorbeischauen um sich bei ihr persönlich zu bedanken.

Leider gab es auch in Lisas Pflegelaufbahn einige unangenehme Situationen, die sie aufgrund ihres Geschlechts machen musste. „In ganz seltenen Momenten, oftmals passiert dies mit alkoholisierten Patient*innen, kamen hier und da mal unangenehme Kommentare zum Vorschein. Beispielsweise sehr direkte sexuelle Angebote”, berichtet sie uns. Doch sie macht auch sehr deutlich, dass diese Erfahrungen selten sind und, dass man in diesen Situationen die Leute auch ruhig mal in ihre Schranken weisen sollte, denn man soll sich so ein Verhalten nicht gefallen lassen. „Ebenfalls passiert es nur noch selten, dass man als “Schwesterchen” abgetan wird”, führt sie fort. Es sind jedoch genau diese kleinen Kommentare, die wohlmöglich simpel scheinen, jede Einzelne aber anders aufnimmt und in keiner Weise eine Berechtigung haben.

Lisa selbst ist eine sehr starke und selbstbewusste Frau und weiß sich selbst zu helfen: „Ich habe selten bis gar nicht mit Vorurteilen zu kämpfen. Ich habe aber auch allgemein ein sehr sicheres Auftreten und versuche jeden Patienten da abzuholen, wo er es benötigt”. Für die Zukunft der Pflege wünscht sich die Powerfrau vor allem eins: „Mehr Personal, ganz gleich welchem Geschlecht dieses sich zuordnen möchte oder eben auch nicht!”.

Manuel: „Ich will meine Kolleginnen nicht missen!”

Manuel ist Pflegeschulleiter und erzählt uns, dass er einige weibliche Kolleginnen in seinem Team hat: „Ich bin der Meinung, dass sich Frauen und Männer in einem Team perfekt ergänzen. Das bringt unterschiedliche Meinungen, Blickwinkel oder Ansichten zum Vorschein, so erlebe ich es zumindest in meinem Team”, erzählt er uns. Außerdem fällt ihm immer wieder auf, wie „stilsicher und geschmackvoll” sich seine Kolleginnen um alles kümmern. „Meine Kolleginnen achten mehr auf Details. Ich persönlich schätze die Zusammenarbeit sehr mit meinen Kolleginnen, wir können miteinander lachen, diskutieren und gemeinsam Entscheidungen treffen” erzählt Manuel.

Gemeinsam Entscheidungen treffen, das ist wohl etwas was viele Frauen in der Pflege, aber auch im Allgemeinen missen. Viele männliche Kollegen nutzen ihren Status in der Gesellschaft aus und üben ein wahres Machtspiel gegenüber ihren weiblichen Kolleginnen aus. Deswegen ist es umso wichtiger, dass sich andere Manuels Worte zu Herzen nehmen und ihre weiblichen Kollegen als Menschen wahrnehmen und sie eben genauso behandeln sollen.

„Was mich immer wieder fasziniert, ist dass meine Kolleginnen eine ausgeprägte Wahrnehmung haben, ihnen entgeht fast nicht und sie schaffen es immer wieder die richtigen Worte, im richtigen Moment zu finden. Ich will meine Kolleginnen nicht missen und bin ihnen jeden Tag sehr dankbar!”, so Manuel.

Lilly: „Frauen haben ihre BH’s im Kampf für mehr Freiheit oder ihre Rechte verbrannt, einen Männerschlüpper hab ich noch nie brennen sehen”

Jeanine ist eine Frau der direkten Worte und so hat sie auch hier eine klare Meinung: „Die Frauenbewegung oder auch die Gleichstellung von Frauen befindet sich immer noch in einem laufenden Prozess. Allein diese thematisieren zu müssen und sie nicht als Selbstverständlichkeit anzusehen, ist in meinen Augen bezeichnend”, erzählt sie uns.

Für sie ist der große Frauenanteil in der Pflege vor allem durch die große Empathie und Nächstenliebe der Frauen begründet. Frauen haben in der Regel ein stärkeres Bedürfnis anderen, vor allem kranken und bedürftigen Menschen zu helfen. Das hat aber noch lange nichts damit zu tun, dass Pflege nur etwas für Frauen ist und schon gar nicht, dass man sie auf ihre fürsorgliche Art reduzieren darf.

Für Jeanine ist es nicht schwer, sich zur Wehr zu setzen und für ihre Person und vor allem Position auf der Arbeit einzustehen: „Ich bin perse eine eher toughe Frau und kommuniziere sehr offen, unterstreiche meine Fachlichkeit und lasse niemandem durchgehen, mich beruflich oder privat auf Grund meines Geschlechts zu deformieren”. In ihrer Arbeit als Pflegekraft hat sie bisher noch keine Vorurteile im Bezug auf ihr Geschlecht erlebt, aber genau das wünscht sie sich auch für jeden anderen Menschen. Vor allem aber wünscht sie sich, dass es keine Frauenbewegung mehr geben muss, da es keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern geben sollte.

Es gibt auch viele Männer, die sich bereits für Frauen einsetzen, jedoch konnten wir auf diese Aussage von Jeanine nicht verzichten: „Frauen haben ihre BH’s im Kampf für mehr Freiheit oder ihre Rechte verbrannt, einen Männerschlüpper hab ich noch nie brennen sehen!”. Also liebe Männer, vielleicht verbrennt ihr heute – auch wenn nur in Gedanken – mal eure Slips, für die Rechte eurer geschätzten Kolleginnen, Freundinnen, Mütter und allen anderen wundervollen Frauen auf dieser Welt.

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