Straftaten in der Pflege – So verhältst du dich richtig

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Pfleger*innen sind ihren Patient*innen nicht nur physisch sondern auch psychisch sehr nahe. Diese Nähe lässt sich im Berufsfeld Pflege nicht vermeiden und bietet leider auch Raum für verschiedene Straftaten. Sexuelle Übergriffe, Mobbing, Pflegefehler und Fahrlässigkeit in der Versorgung können in den schlimmsten Fällen für Pflegekräfte oder Patient*innen bleibende Schäden hinterlassen. Zu selten wird darüber gesprochen, wie sich das Pflegepersonal im Falle einer Straftat verhalten sollte. 

Gewalt ist in der Pflege omnipräsent

Bedingt durch den Fachkräftemangeln spielen Straftaten in der Pflege eine immer größere Rolle. Der Zeitdruck kann beim Pflegepersonal zu fatalen Flüchtigkeitsfehlern oder einem zu groben Umgang mit den Patient*innen führen. Genauso kann aber auch das Gefühl von Vernachlässigung zu Wut und Gewaltausbrüchen bei den Patient*innen gegenüber dem Pflegepersonal führen. In beiden Fällen sollten solche Übergriffe angesprochen und bestenfalls auch dokumentiert werden, denn sie sollten nicht toleriert werden. Eine Protokollierung der Ereignisse kann im Nachhinein der Polizei bei der Aufklärung helfen.

Du hast einen Kollegen/eine Kollegin dabei beobachten müssen, wie sie ihre Schutzbefohlenen anschreien, sie schlagen oder bewusst ignorieren? Oder ein Patient ist regelmäßig körperlich übergriffig und verletzt dich oder deine Kolleg*innen? Dann solltest du diese Beobachtung keinesfalls unter den Tisch fallen lassen, sondern dich an deine Teamleitung oder PDL wenden. Hole dir aber vorher das Einverständnis der geschädigten Person dafür ein und sprich mit dieser offen darüber, dass Gewalteinsatz keinesfalls okay ist.

Bevor die Polizei benachrichtigt wird

So drastisch wie bei körperlicher Gewalt muss es nicht immer ablaufen. Auch Straftaten wie das Ausnutzen von Führungspositionen, Erpressungen oder Medikamentenmissbrauch können vorkommen. Wird man hier zum Zeugen, oder hat auch nur eine Vermutung, muss nicht zwingend nicht gleich die Polizei informiert werden. Zunächst sollte das gesamte Team miteinander reden. Der Vorfall muss klargestellt werden und Ursachen müssen erörtert werden. Erst danach kann entschieden werden, ob die Polizei hinzugezogen werden muss oder nicht. Sollte dies allerdings in einer Situation mal nicht möglich sein, gibt es zahlreiche Krisentelefone und Beschwerdestellen in deinem Bundesland.

Sexuelle Übergriffe in der Pflege: Nein bleibt Nein

Auch mit sexuellen Übergriffen durch Kolleg*innen oder Patient*innen werden viele Pflegekräfte im Alltag konfrontiert. Diese sollten niemals zu einem festen Bestandteil des Arbeitsalltags werden. Anzüglichen Kommentare oder unangemessen Berührungen musst du nicht ertragen, sondern du solltest sie offen ansprechen. Wichtig ist es, klare Grenzen zu zeigen und deinem Gegenüber zu signalisieren, dass dieses Verhalten für dich nicht angebracht ist. Schaffe Abstand zwischen dir und der übergriffigen Person und sieze diese gegebenenfalls auch, um die professionelle Distanz zu wahren. Sexuelle Übergriffe hingegen gehören umgehend gemeldet und du solltest dich umhören, ob andere Kolleg*innen von ähnlichen Vorfällen berichten können.

So kann dein*e Arbeitgeber*in dich schützen

Dein*e Arbeitgeber*in kann verschiedene Maßnahmen ergreifen, um dich Straftaten in der Pflege zu schützen. Manche Einrichtungen verfügen bereits über einen eigenen Sicherheitsdienst, der in den Nachtschichten die Sicherheit der Mitarbeiter*innen gewährleistet. Auch ist es möglich, einen sogenannten Panikknopf zu installieren, den Pflegekräfte bei Gefahr betätigen können. Deeskalationskurse oder Selbsthilfekurse können als weitere Maßnahmen für den Selbstschutz der Pflegekräfte angeboten werden. Vorab sollen auch Patient*innen, die bereits Anzeichen von Gewaltbereitsschaft gezeigt haben als „risikobereit“ eingestuft werden.

Viele Pflegekräfte haben Erfahrungen mit Übergriffen gemacht

Wie häufig Pflegekräfte von Gewalt und sexuellen Übergriffen betroffen sind, zeigt eine Umfrage der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienste und Wohlfahrtspfleger (BGW). Ganze 62,5% der Pflegekräfte hatten in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal nonverbale sexuelle Belästigung und Gewalt erlebt. 67,1 Prozent hatten verbale und 48,9 Prozent körperliche sexuelle Belästigung und Gewalt durch von ihnen gepflegte oder betreute Personen erlebt.

Straftat erkannt: Was tue ich jetzt

Im Falle einer Straftat ist es zunächst einmal wichtig, sich Zeug*innen zu suchen und gegebenenfalls die Vorfälle zu dokumentieren. Im Falle eines Rechtsstreites, dient diese als wichtiges Beweismittel. Es sollten alle Auffälligkeiten und Anzeichen körperlicher und psychischer Gewalt erfasst werden. Vorlagen findet man im Netz, z.B. unter www.befund-gewalt.de.

Auch solltest du dich Kolleg*innen und Freund*innen anvertrauen und mit ihnen über die Situation sprechen. Es existieren bereits verschiedene Programme, die Betroffene in ihrer schwierigen Situation unterstützen. Zum Beispiel das Hilfetelefon für Frauen und Männer, oder auch die Aktion „Make it work“, welche sich für mehr Sicherheit am Arbeitsplatz für Frauen einsetzt. Wichtig ist es auch, deinen Vorgesetzten über den Vorfall in Kenntnis zu setzen.

Pflegekräfte als Zeugen – was sind meine Pflichten?

Wirst du selber Zeug*in einer Straftat, hast du Rechte, aber auch Pflichten. Du darfst zum Schutz von Angehörigen oder zu deinem eigenen Schutz schweigen, musst aber mindestens deine persönlichen Daten im Falle einer Befragung angeben. Dazu gehören der Vor- und Nachname, Geburtsdatum und -ort sowie die aktuelle Wohnanschrift. Solltest du selber beschuldigt werden, kannst du nach Gesetz frei entscheiden, ob du dich zu den Vorwürfen äußern möchtest oder nicht. Du kannst jederzeit einen Anwalt hinzuzuziehen.

Als Pflegekraft unterliegst du auch der Schweigepflicht. Informationen über Krankheit oder Therapien darfst du nicht an Dritte weitergeben. Falls der Dritte die Polizei sein sollte, bist du trotzdem in der Pflicht zu schweigen. Eine Ausnahme gibt es: Liegt laut §34 StBG ein „rechtfertigender Notstand“ vor, so muss eine Aussage erfolgen. Dies ist u.a. der Fall, wenn ein*e Patient*in bereits im Voraus angekündigt hat, sich umzubringen oder du eine falsche Medikamentengabe beobachtet hast.

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