Ziehen sich internationale Privatinvestor*innen aus der Pflege zurück?

Vier unterschiedlich hohe Stapel Münzen auf einem Holztisch, im Hintergrund eine Person beim Schreiben – symbolisiert finanzielle Planung oder ungleiche Finanzierung, z. B. im Pflegebereich.
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Die Zahl privater Pflegeheime ist in Deutschland in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen: Zwar stellen freigemeinnützige Träger wie Caritas, Diakonie oder das Deutsche Rote Kreuz mit 52 % der Einrichtungen weiterhin die Mehrheit, und auch öffentliche Träger sind mit rund 5 % vertreten, es befinden sich dennoch bereits 43 % der stationären Pflegeheime in privater Hand. Das entspricht einem Zuwachs von rund 30 % seit dem Jahr 2011. Im ambulanten Bereich liegt der Anteil privater Anbieter*innen sogar bei 68 %. Sie sind somit aus der deutschen Pflegelandschaft kaum noch wegzudenken.

Private Anbieter*innen kommen dabei nicht nur aus Deutschland, auch International gibt es Investor*innen und Pflegedienstleister*innen, welche reges Interesse am deutschen Pflegemarkt zeigen. Allerdings hat der deutsche Markt in den letzten Jahren einen großen Investitionsrückgang einstecken müssen. Wie entwickelte sich dabei der Anteil internationaler Investor*innen und welchen Einfluss hat das auf den Pflegealltag?

Die Privatisierung der deutschen Pflegebranche

Die Privatisierung des deutschen Pflegemarktes begann mit der Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 unter der Regierung Kohl. Aufgrund des demografischen Wandels wuchs der Bedarf an Pflegeplätzen erheblich. Private Anbieter*innen erhielten durch Gesetzesänderungen die Möglichkeit, Versorgungsverträge mit Pflegekassen abzuschließen.

In den Folgejahren stieg die Zahl der Pflegeheime und Pflegekräfte deutlich. Für Investor*innen galt der Markt als risikoarm: Die Nachfrage wuchs durch den demografischen Wandel, die Finanzierung schien durch Pflegeversicherung und Sozialhilfe abgesichert. In der Praxis kam es jedoch teilweise zu Verzögerungen bei der Mittelbewilligung.

Ab den 2010er-Jahren stiegen internationale Investor*innen ein – etwa 2013 mit dem Kauf von Alloheim durch die Carlyle Group. Ab 2015 traten vermehrt Private-Equity-Gesellschaften mit Buy-and-Build-Strategien auf: Kleinere Einrichtungen wurden übernommen und in größere internationale Konzerne wie Korian integriert. Neben kompletten Heimen investieren kleinere private Akteur*innen auch in einzelne Pflegeapartments als Anlageobjekte, die an Betreiber verpachtet werden.

Auswirkungen der Privatisierung auf den Pflegealltag

Zu Beginn der Privatisierung auf nationaler Ebene in den 90ern stieg die Anzahl der Pflegeheime und -kräfte recht schnell an. Laut Heinz Rothgang, Professor für Pflege und Alterssicherung an der Universität Bremen, sei dies von Pflegekräften getrieben worden, die sich selbstständig machten. Die Versorgung sei dadurch zunächst verbessert worden. Dies hat sich laut Berichten von vielen Pflegefachkräften jedoch durch den Eintritt internationaler Pflegeunternehmen, wie z.B. Korian und der Übernahme vieler Pflegeheime zum negativen entwickelt.

Es gebe „ein riesiges Loch in der Personalbesetzung, dann müssen wir mehrere Schichten arbeiten, die psychisch und physisch katastrophal belastend sind“, so berichtet ein Altenpfleger in einem Tagesspiegel-Interview aus dem Jahr 2021. Schuld daran sei der bereits erwähnte Pflegekonzern Korian, welcher die Personalkosten drücke, um Renditen zu steigern. Auch in anderen Ländern erzählen Pflegekräfte von schlechten Arbeitsbedingungen bei pan-europäischen Pflegeunternehmen.

Der Rückgang der Investitionen

Der Rückgang im Pflegeimmobilienmarkt setzte 2022 ein. Laut dem Immobiliendienstleister CBRE sank das Transaktionsvolumen im Gesundheitsimmobiliensektor um 35 % auf 2,4 Milliarden €. Interessanterweise stieg der Anteil ausländischer Investor*innen zunächst um 17,1 Prozentpunkte auf 48 %. Die Reduktion hatte laut CBRE ihren Ursprung in der wirtschaftlichen Unsicherheit in Folge der hohen Inflation und der Zinswende.

2023 zeigte sich jedoch ein deutlicher Abwärtstrend bei internationalen Investitionen: Nur rund 17 % kamen noch aus dem Ausland, 29 Prozentpunkte weniger im Vergleich zum Vorjahr. Das Transaktionsvolumen fiel auf 931 Millionen Euro – ein Rückgang von 63 %, verursacht durch hohe Inflation und daraus resultierenden wirtschaftlichen Unsicherheiten.

Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC stellte jedoch fest, dass die Anzahl der Transaktionen im Gesundheitswesen 2023 von 186 auf 234 gestiegen ist – häufig bedingt durch Insolvenzen. Auch die Anzahl der ausländischen Transaktionen stieg um 35% auf 80. Der Rückgang des Volumens bei höherer Transaktionsanzahl erklärt sich dadurch, dass Großtransaktionen seltener wurden und viele kleinere Übernahmen, welche oft auf Insolvenzen zurückzuführen sind, das Bild bestimmten.

Ausländische Investitionen 2024 – eine Trendwende?

Laut CBRE blieb das Gesamttransaktionsvolumen im Gesundheitsimmobilienmarkt mit 973 Millionen Euro auf Vorjahresniveau. Bemerkenswert ist jedoch der deutliche Anstieg des Auslandsanteils auf etwa 57,5 %. Getrieben wurde dies durch eine größere Portfoliotransaktion im vierten Quartal sowie durch hohe Investitionen von Asset- und Fondsmanagern. Auch das Immobiliendienstleistungsunternehmen Savills beobachtete mehrere internationale Investor*innen, welche zum ersten Mal den deutschen Markt betraten.

Ein Problem bleibt weiterhin der Mangel an Neubauten: Laut Savills sei es schwer, Betreiber*innen und Investor*innen für Neubauprojekte zu finden, selbst wenn sich diese auf dem Papier rechnen würden, da der Mangel an Fachpersonal einen zu hohen Risikofaktor darstellt.

Pflegeinvestitionen 2025 – Zwischenfazit und Ausblick

Der Gesundheitsimmobilienmarkt 2025 startet stark mit einem Transaktionsvolumen von 651 Millionen € im ersten Quartal. Grund hierfür ist eine Großakquisition der Stadt Hamburg von einem Portfolio aus 13 Pflegeeinrichtungen des Konzerns Vonovia.

Internationale Investor*innen machten jedoch im Vergleich zum Vorjahr nur 16 % aus, ein deutlicher Rückgang. Dennoch bestünde laut Marco Schnell von CBRE ein wachsendes Interesse ausländischer, vor allem angelsächsischer Investor*innen. Diese fänden allerdings nur wenige Objekte, welchen deren Erwartungen an die Rendite entsprechen – die Spitzenrendite bei Pflegeheimen liegt seit Ende des ersten Halbjahres 2024 bei 5,4%. Sowohl CBRE als auch das Investmentmanagementunternehmen JLL rechnen dennoch mit weiteren Großtransaktionen im laufenden Jahr.

Die allgemeine Zurückhaltung scheint sich also auf nationaler Ebene langsam zu lösen – im internationalen Bereich besteht allerdings noch Skepsis. Die Kombination aus hohen Renditeerwartungen und einem Mangel an Neubauten bremst in diesem Bereich weiterhin das Transaktionsgeschehen.

Ist euer Pflegedienstleister öffentlich, privat oder karitativ? Schreibt es uns in die Kommentare!

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