04 Aug. 2021

Pflege vs. Realität – Diese Klischees sind (un)wahr

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Insbesondere während der Corona-Krise wurde breit über die Pflegebranche berichtet und das Interesse der Öffentlichkeit richtete sich stärker denn je auf den Berufszweig Pflege. Nichtsdestotrotz scheint die Realität dieses Arbeitsfelds noch nicht in der allgemeinen Wahrnehmung angekommen zu sein. Vorurteile und Klischees halten sich hartnäckig und noch immer glauben viele Menschen, die gängigsten Klischees seien wahr. Es ist Zeit, mit diesen falschen Annahmen aufzuräumen.

 

1. „Pflegekräfte stehen unter Dauerstress.“

Ja, der Pflegeberuf ist oft stressig. Die Corona-Pandemie hat das gesamte Gesundheitswesen auf eine harte Probe gestellt und in vielen Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen war die Lage im vergangenen Jahr sehr angespannt. Aber der oft hektische Alltag auf den Pflegestationen hat nicht viel mit dem Arbeitsalltag in anderen Versorgungsformen zu tun. In der 1:1 Versorgung oder in Intensivpflege-Wohngemeinschaften beispielsweise liegt der Personalschlüssel in der Regel bei 1:1 oder 1:3 und die Pflegekräfte haben genug Zeit, ihre Arbeit ohne Druck und Stress zu verrichten.

2. „Pflege? Für das Medizinstudium hat es wohl nicht gereicht.“

Ärzt*innen müssen einen sehr umfangreichen und langwierigen Ausbildungsprozess hinter sich bringen, bevor sie in ihrem Beruf arbeiten können. Doch das bedeutet nicht, dass in jeder Pflegekraft ein gescheiter Arzt oder eine gescheiterte Ärztin steckt. Tatsächlich entscheidet sich das Gros der Pflegekräfte sehr bewusst und aus Überzeugung für ihren Beruf. Die Pflege ist ein eigenständiger Berufszweig, der medizinisch auch sehr anspruchsvoll ist und gleichzeitig Elemente der Betriebswirtschaft, des Sozialrechts, der Ethik und der Pädagogik beinhaltet. Für die erfolgreiche Behandlung und Therapie der Patient*innen braucht es nicht nur die ärztliche Versorgung, auch eine gute Pflege ist essentiell.

3. „Im Nachtdienst wird doch nur geschlafen.“

Ein Großteil der Patient*innen schläft in der Nacht. Aber das bedeutet nicht, dass die Pflegekräfte im Nachtdienst es ihnen gleichtuen können oder nichts zu tun haben. Zu den typischen Aufgaben während der Nachtschicht gehören die Vorbereitung der Patient*innen für die Nacht, das Verabreichen der Nachtmedikation, das Wechseln von Sonden für Nahrung oder Flüssigkeit und natürlich die Kontrolle und Dokumentation der Vitalwerte der Patient*innen.

4. „Pflegekräfte stellen ihre Patient*innen mit Schlafmitteln ruhig.“

Nachdem die AOK 2017 eine Studie veröffentlichte, nach der 40% der demenziell beeinträchtigten Pflegeheimbewohner*innen Medikamente verabreicht bekommen, die auf ihre Psyche wirken, verfestigte sich das Bild, dass Pflegekräfte so ihre Patient*innen ruhigstellen würden ohne Rücksicht auf die gesundheitlichen Folgen zu nehmen. Der Berliner Gerontopsychiater Gerd Benesch stellt in der Berliner Zeitung klar, dass von „ruhigstellen“ nicht die Rede sein könne. Es ginge vielmehr darum, bei den Betroffenen wieder einen Tag-Nacht-Rhythmus herzustellen. Außerdem seien die verabreichten Medikamente in der Regel sehr gering dosiert und deren Vergabe genau dokumentiert und durch die Heimleitung kontrolliert.

5. „In der Pflege muss man doch nur älteren Menschen den Hintern abwischen.“

Die Körperhygiene der Patient*innen gehört auf jeden Fall zum Aufgabenbereich einer Pflegekraft. Darüber hinaus versorgen Pflegekräfte aber auch Wunden, verabreichen Medikamente, legen Infusionen und assistieren den Ärzt*innen. Sie übernehmen auch viele organisatorische Aufgaben und kümmern sich um die Abrechnung und Buchhaltung. Auch ihre Funktion als emotionale Stütze für Patient*innen und Angehörige ist nicht zu unterschätzen. Die Pflege ist ein hoch komplexer Beruf, der bei weitem nicht bei der Körperpflege endet. Außerdem sollte man auch die psychische Belastung einer Pflegekraft nie außer acht lassen: Der tägliche Kontakt mit Tod und Trauer ist eine enorme emotionale Belastung.

6. „Als Pflegekraft kann man sich beruflich nicht weiterentwickeln.“

Als Pflegekraft hat man keine guten Chancen auf eine Karriere? Ganz im Gegenteil: Die Deutsche Gesellschaft wird immer älter und der Bedarf an Pflegekräften wird in einigen Jahren noch höher sein, als er ohnehin schon ist. Gerade Pflegefachkräfte mit einem Bachelor oder Master Abschluss sind gefragt wie nie. Die Patient*innen-Versorgung wird immer komplexer und erfordert sehr viel Fachwissen. Durch verschiedene Fort- und Weiterbildungen kann man sich auf unterschiedliche Pflegeformen wie zum Beispiel die Palliativ- oder Intensivpflege spezialisieren. In einigen Studiengängen kann man sich auch gezielt auf eine Management Position in Pflegeeinrichtungen vorbereiten.

Wurdest Du auch schon mit diesen oder anderen Klischees konfrontiert? Hast Du Tipps für Deine Kolleg*innen, wie man mit solchen Situationen umgehen und wie man Vorurteile entkräften kann? Melde Dich gerne bei uns und erzähle von Deinen Erfahrungen.

 

Quellen:

Berliner Zeitung: www.berliner-zeitung.de/gesundheit-oekologie/

Pflegestudium: www.pflegestudium.de

PflegeWiki:  pflege.wikia.org/de/wiki/Nachtdienst

Unicum Karrierezentrum: karriere.unicum.de/berufsorientierung/berufsbilder/karriere-der-pflege

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