Carolin begeistert ihre Community auf Facebook bereits seit 2018 mit ihren ehrlichen Texten. Sie hat 2017 erfolgreich ihr Examen zur Gesundheits- und Krankenpflegerin gemacht und ist zur Zeit in einer Klinik in Hamburg tätig. Die 29-jährige kämpft im Internet für bessere Arbeitsbedingungen und ein besseres Image des Pflegeberufs in Deutschland. Dafür inspiriert sie mit ihren Texten hunderte Menschen und zeigt ihnen die schönen Seiten an der Pflege, die Gründe aus denen sie ihren Job so liebt. Sie appelliert an die Gesellschaft, für die Pflege einzustehen und Pflegekräfte besonders in Zeiten der Pandemie zu unterstützen.
Über Umwege in die Pflege
Heute erreicht die 29-Jährige mit ihren Texten reihenweise pflegeinteressierte Menschen auf Facebook. Doch dieser Weg war nicht von vorne herein so geplant. „Nach dem Abitur habe ich lange Zeit gar nicht gewusst was ich machen möchte.“, erzählt sie uns. Sie probierte viel aus und kam schlussendlich über Umwege in die Pflege. „Ich habe mich nicht in früher Jugend dazu berufen gefühlt, sondern bin da eher so reingeschlittert.“ Über ein Praktikum in einer Hamburger Klinik konnte sie erste Erfahrungen sammeln. Schon bei ihrem ersten Patient*innenkontakt spürte sie, warum sie diesen Beruf bis heute so liebt: „Ich war nur eine kleine Praktikantin, als eine Patientin klingelte und zu mir sagte ‚Ich bin fertig.‘ Sie schlug ihre Decke zurück und ich sah, dass sie nicht nur abgeführt hatte, sondern auch nur ein Bein besaß. Für mich war das völliges Neuland und ich stand da erstmal ziemlich überfordert. Aber ich habe in diesem Moment gemerkt, dass ich über mich hinausgewachsen bin.“ Als Carolin das Zimmer anschließend wieder verließ spürte sie, dass man in diesem Beruf über sich hinaus wachsen kann. „Ich war stolz und ab diesem Moment war für mich klar: Das will ich machen, das will ich werden.“
Der Stationsalltag während der Corona-Krise
Carolin ist im Pflegepool einer Hamburger Klinik tätig. Das bedeutet, sie ist auf allen Stationen einsetzbar. Eine reizvolle Aufgabe, wie sie findet: „Es ergeben sich, je nach Station, völlig andere Anforderungen. Und auch die Bedürfnisse der Patient*innen sind natürlich von Station zu Station sehr unterschiedlich.“ Carolin liebt es, wenn sie die gelernten Dinge tatsächlich praktisch umsetzen und ihr fachliches Wissen einsetzen kann. Durch die Corona.Krise ist sie hier aber auch neuen, unbekannten Belastungen ausgesetzt. „Es kreist eigentlich alles nur um diesen Corona-Gedanken.“ Ein positives Testergebnis kann hier ein Todesurteil sein. Das ist für keinen Menschen einfach zu ertragen, gibt sie zu. „Damit muss man lernen umzugehen.“ Durch die vielen test kann es aber auch gut sein, dass plötzlich Kolleg*innen unerwartet in Quarantäne geschickt werden. In Anbetracht des überall herrschenden Personalmangels in der Pflege eine große Herausforderung.
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Pflege betrifft uns alle!
Etwas, das Carolin immer wieder hört, wenn sie über Arbeitsbedingungen von Pflegekräften spricht: „Dann geh doch in die Politik!“, „Dann mach dich stark!“, „Dann werd doch zur Aktivistin!“ Diese Aussagen machen sie sauer: „Das sind Sätze die in mir ein Stück weit Wut auslösen, weil wir diejenigen sind, die sich tagtäglich aufreiben. Diejenigen die kaputt, müde und erschöpft von der Arbeit nach Hause kommen. Diejenigen die zum Teil emotional gebrochen zuhause stehen und gar nicht mehr wissen woher sie die Kraft für den nächsten Tag nehmen sollen.“ Jeder einzelne Mensch braucht die Pflege. Daran erinnert sie immer wieder: „Pflege ist etwas, das uns alle angeht. Jeder einzelne von uns hat Angehörige, die irgendwann mal auf Pflege angewiesen sein werden, oder steckt vielleicht selbst mal in einer Notsituation.“ Warum sollte es also die Pflege sein, die sich für die Pflege einsetzt, fragt sie sich. „Da kann doch jeder einzelne laut werden. Da kann doch jeder einzelne in der Politik aktiv werden. Warum erfahren wir so wenig Solidarität, dass manche Leute wirklich glauben mit Klatschen von den Balkonen wäre alles gesagt und getan?“ Carolin ist der Meinung, dass Pflegekräfte viel für den Berufsstand tun können. „Aber ich bin auch der Meinung, dass es Aufgabe eines jeden Menschen in der Gesellschaft sein müsste, damit die Pflege gehört wird.“
Auch junge Generationen können etwas bewegen
In ihrem Heimatort hat sie während der ersten Welle viel Solidarität zu spüren bekommen, erzählt Carolin: „Ich habe hier tatsächlich einen Friseur gehabt, der in der ersten Welle der Pandemie kostenlose Haarschnitte für Pflegekräfte angeboten habt. Das fand ich eine wahnsinnig schöne Geste. Ich war total gerührt.“. Auch einen anonymen aufmunternden Brief mit Schokolade fand sie in ihrem Briefkasten. „Das waren Dinge die mir während der ersten Welle Kraft gegeben haben durchzuhalten, weil ich gemerkt habe die Gesellschaft steht hinter uns.“ Das sind genau die Dinge, die sie sich weiterhin von der Gesellschaft wünscht, um den Beruf wieder attraktiver zu machen. „Ich würde mir wünschen, dass man uns nicht nur als Helden bezeichnet, sondern dass man auch im Alltag einen Rückhalt spürt.“