In der Kritik: Viele deutsche Krankenhäuser sind nicht barrierefrei

Rollstuhl steht in einem Behandlungszimmer
Speichern

Barrierefreiheit in Krankenhäusern – das sollte doch selbstverständlich sein, oder? Schließlich gibt es in jedem deutschen Krankenhaus Patient*innen, die in ihrer Mobilität oder Wahrnehmung stark eingeschränkt sind. Wer sich aber mal etwas genauer mit dem Thema beschäftigt oder in einem klinischen Umfeld arbeitet, merkt schnell: Nur weil es logisch ist, bedeutet das noch lange nicht, dass es auch so ist. Deutsche Krankenhäuser sind trotz vieler Fortschritte in den letzten Jahren immer noch nicht barrierefrei. Ein Großteil der Einrichtungen ist nicht auf Menschen mit eingeschränkter Mobilität ausgerichtet. Diese Hindernisse sorgen gleichzeitig auch für eine mangelnde ärztliche Versorgung von Menschen mit Behinderung.

Barrierefrei: Nicht nur beim Aufenthalt, sondern auch bei Besuchen

Angesichts der Anzahl von Menschen mit einem Schwerbehindertenausweiß ist anzunehmen, dass in einem Umfeld, wie dem Krankenhaus, der Anteil von Menschen mit Behinderung deutlich erhöht ist. Behinderte Patient*innen sind eine elementare und wichtige Gruppe in Kliniken. Trotzdem sind viele Krankenhausgebäude und -zimmer nicht auf sie ausgerichtet. Dabei müssen nicht einmal diese Menschen selber krank werden, um die Folgen dessen zu spüren. Für Eltern mit Behinderung gibt es teilweise auf Kinderstationen keine barrierefreien Zimmer. Auf Instagram berichtet @mamarolltdurchsleben von genau dieser Problematik: „In einer renommierten Uniklinik ist es nicht möglich als behinderte Mutter auf der Kinderstation auf Toilette zu gehen“, berichtet Alina.

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Alina E. (@mamarolltdurchsleben)

Barrierefrei ist mehr als Aufzug und Rampe

Probleme dieser Art sind leider keine Ausnahme, sondern schon fast an der Tagesordnung. Dabei geht es nicht zwingend immer um stufenlose Eingänge, behindertengerechte Duschen und WC oder Aufzüge, sondern auch um kleine, aber eben wichtige Dinge, wie Knöpfe im Fahrstuhl auf Augenhöhe für Rollstuhlfahrer*innen oder eine große Beschriftung für sehbeeinträchtigte Patient*innen. Informationen werden generell viel zu wenig in leicht verständlicher Sprache oder in Braille-Schrift aufgeführt.

Konkrete Maßnahmen für mehr Barrierefreiheit in Krankenhäusern

  • mehr Informationsmöglichkeiten für Patient*innen über die Barrierefreiheit z. B. über die Homepage oder Broschüren
  • Spezialisierung des Krankenhauses und Gründung von Abteilungen z. B. für querschnittgelähmte Personen
  • Leicht verständliche Sprache, Brailler-Schrift und große Beschriftung
  • Einbeziehung von Bezugspersonen z. B. bei Menschen mit geistiger Behinderung

Wie barrierefrei ist die Einrichtung, in der du arbeitest?

Das kannst du als Pflegekraft für Menschen mit Behinderung tun

Arbeitest du auch in einem Krankenhaus oder einer Klinik, in dem/der es Mängel in Sachen Barrierefreiheit gibt? Als Pflegekraft kannst auch du aktiv dazu beitragen, dass diese Menschen sich trotz der erschwerten Umstände wohl und sicher fühlen. Begegne Menschen mit Behinderung genauso wie Menschen ohne Behinderung. Wenn Sie Kritik äußern, dann behandle sie mit Respekt („Vielen Dank für den Hinweis.“) und unterstelle niemandem böse Absichten. Zeige Verständnis und Geduld und respektiere eventuelle kognitive Grenzen deines Gegenübers. Deine Hilfe kannst du gerne anbieten, aber akzeptiere auch ein Nein, denn die Person weiß am besten, was sie kann.

Bitte beachten: Kleine Veränderungen können viel ausmachen

All diese Dinge sind für dich vielleicht schon selbstverständlich – das ist super! Achte aber zusätzlich auch auf folgende Punkte, denn unterbewusst handelt man manchmal doch auch falsch:

  • Bei Kleinwüchsigkeit, Lernschwierigkeiten oder einer geistigen Behinderung solltest du die Person nicht einfach deshalb duzen oder mit dem Vornamen ansprechen
  • Auch wenns gerade stressig ist: Vermeide es, Sätze vorweg zu nehmen, wenn die Person langsamer sprechen sollte
  • Achtung: Mit gehörlosen Menschen kann ohne Blickkontakt nicht kommuniziert werden
  • Für Menschen mit Lernschwierigkeiten benutze die „Leichte Sprache“: Kurze Sätze, klare Struktur, keine Fachausdrücke
  • Sprich nur dann langsam und überdeutlich, wenn die Person dich darum gebeten hat. Alles andere ist unhöflich
  • „guten Morgen“ und „wie geht’s“ in Gebärdensprache kannst du schnell lernen und wirst damit viele Patient*innen glücklicher machen

Wie barrierefrei sind die Krankenhäuser in anderen Ländern?

Doch wie steht es eigentlich um die Barrierefreiheit von Krankenhäusern in anderen Ländern? Im Vergleich zu Deutschland gibt es auch hier Unterschiede. Während beispielsweise in Skandinavien und den Niederlanden die Barrierefreiheit in Krankenhäusern schon seit Jahren ein wichtiges Thema ist und entsprechend umgesetzt wird, gibt es in anderen Ländern noch viel Nachholbedarf. In vielen Nationen werden ältere Krankenhäuser oft nicht barrierefrei umgebaut und neue Krankenhäuser werden auch nicht von Anfang an barrierefrei geplant. Auch die gesetzlichen Regelungen zum Thema Barrierefreiheit sind in einigen Ländern nicht so umfangreich wie in Deutschland. Doch es gibt auch positive Beispiele, wie beispielsweise in Großbritannien, wo es seit 2010 gesetzliche Vorgaben zur Barrierefreiheit von öffentlichen Gebäuden gibt, zu denen auch Krankenhäuser zählen.

Ein langer Weg zu endgültigen Barrierefreiheit in Kliniken

Es ist offensichtlich, dass viele deutsche Kliniken noch einen langen Weg vor sich haben, wenn es darum geht, barrierefrei zu sein. Es ist jedoch auch wichtig zu betonen, dass es bereits viele Krankenhäuser gibt, die sich bemühen, ihre Einrichtungen zugänglicher zu machen. Es ist entscheidend, dass wir diese Anstrengungen unterstützen und uns für eine bessere Barrierefreiheit in unseren Gesundheitseinrichtungen einsetzen. Es ist auch wichtig zu erkennen, dass Barrierefreiheit nicht nur für Menschen mit Behinderungen von Vorteil ist, sondern auch für ältere Menschen, Eltern mit Kinderwagen und Menschen mit temporären Verletzungen oder Erkrankungen. Es ist an der Zeit, dass wir uns als Gesellschaft für eine inklusivere Zukunft einsetzen und sicherstellen, dass alle Menschen Zugang zu den notwendigen Gesundheitsdienstleistungen haben.

Auch interessant: Die besten Apps für Handicaps
Speichern
0
2
Speichern
0
2