29 Okt 2021

Wie verändert Corona unsere Gesellschaft?

Symbolbild Corona-Pandemie
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Als sich das Corona-Virus im vergangenen Jahr auf der Welt ausbreitete, war noch kaum abzusehen, wie verheerend seine Folgen sein würden. Zwar blieb kein Bereich unseres Zusammenlebens in der Gesellschaft unangetastet, doch vor allem das Gesundheitswesen und die Pflegebranche wurden auf eine harte Probe gestellt. Nach knapp eineinhalb Jahren Pandemie ist es daher Zeit für eine Bestandsaufnahme: Wie hat das Virus unsere Gesellschaft bereits verändert und welche Entwicklungen sind zukünftig noch zu erwarten? 

 

Werden wir solidarischer?

In der westlichen Industriegesellschaft zählte lange vor allem eins: Leistung. In diesem Modell wurden die Menschen anhand ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit gemessen und das oberste Ziel aller Einzelnen bestand darin, sich selbst zu verwirklichen und auf der sozialen Leiter möglichst weit hinauf zu klettern. Die Corona-Pandemie erzwang aber eine Abkehr von diesen Werten. Anstelle des ungebremsten Individualismus standen nun Rücksichtnahme, Mitgefühl und Solidarität im Zentrum unseres Handels. Vor allem die Jungen Menschen nahmen viele persönliche Einschränkungen in Kauf, um Ältere und Angehörige von Risikogruppen zu schützen. Natürlich sollten das Tragen von medizinischen Masken und das Halten von Abstand auch immer uns selbst vor einer Ansteckung schützen, aber in der öffentlichen Kommunikation stand fortan der Solidaritätsgedanke im Mittelpunkt.

Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie stark wir voneinander abhängen und dass wir nur erfolgreich sind, wenn wir im Kollektiv agieren. Diese neue Denkweise ist nicht nur in Pandemie-Situationen sinnvoll, sie lässt sich auch auf andere Gesellschaftsbereiche anwenden. Die Zukunft wird von der Klimakrise und der Überalterung der Bevölkerung geprägt sein. Auch hier kann die Besinnung auf die Gemeinschaft bei der Problembewältigung helfen. Ob unsere Erfahrungen in der Corona-Zeit zu einem grundsätzlichen Umdenken führen, wird sich erst zeigen müssen. Doch wir haben gesehen, was wir erreichen können, wenn wir die Verantwortung füreinander übernehmen.

Zwei Hände greifen ineinander

Ist Wachstum noch ein zeitgemäßes Ziel?

Nicht nur auf der persönlichen Ebene hat die Corona-Pandemie uns zum Überdenken einiger Grundsätze gezwungen. Die leeren Supermarktregale zeigten uns, wie fragil globale Lieferketten sind und wie abhängig unsere Wirtschaft von just-in-time Transporten ist. Gleichzeitig drohten den Krankenhäusern große Gewinnausfälle, da wegen des Vorhaltens von Intensivbetten für Covid-Patient*innen lukrative Eingriffe verschoben werden mussten. Diese neuen Probleme stellen die Frage in den Raum, ob Wirtschaftlichkeit wenigstens in manchen Bereichen wirklich die oberste Maxime sein sollte. Bei essentiellen Produkten wie zum Beispiel medizinischen Mundschutzen wäre es vielleicht teurer, Lagerbestände für den Notfall bereitzuhalten, aber es würde auch für mehr Sicherheit sorgen. Und auch im Gesundheitswesen sollte hinterfragt werden, ob sich Kliniken nicht stärker nach dem Gemeinwohl ausrichten und das Erwirtschaften von Profiten hinten anstellen sollten. Dies würde in letzter Konsequenz bedeuten, Gesundheitsdienstleistungen nicht länger privatwirtschaftlichen Akteuren zu überlassen. Es ist noch nicht abzusehen, ob es zu so weitreichenden Veränderungen kommen wird, aber es ist klar, dass es an der Zeit ist, die gesundheitliche Versorgung neu zu denken.

Wer ist systemrelevant?

Unter den ersten Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus war die Schließung von Geschäften und allen Einrichtungen, die nicht unbedingt erforderlich waren. Viele Arbeitnehmer*innen wurden in Kurzarbeit geschickt oder gingen ihren Aufgaben die meiste Zeit in den vergangenen eineinhalb Jahren von zu Hause aus nach. Doch einige Berufsgruppen mussten weiter vor Ort arbeiten, damit die Versorgung mit dem Nötigsten weiterhin gewährleistet war. Dazu zählten an erster Stelle Kassierer*innen, das Pflegepersonal und Betreuungskräfte in Kindergärten oder Kitas — allesamt Tätigkeiten, die in der Vergangenheit nur wenig Anerkennung der Gesellschaft erfahren haben. Doch nun galten sie als systemrelevant, als unverzichtbar. Die Corona-Krise hat uns allen verdeutlicht, wie wenig wir diese essentiellen Berufsgruppen honorieren. Dieses neue Bewusstsein hierfür könnte als Anlass dienen, ihre Arbeit nicht nur mehr wertzuschätzen, sondern auch die Arbeits- und Lebensbedingungen der Beschäftigten in systemrelevanten Sektoren grundlegend zu verbessern und ihrer hohen Bedeutung anzupassen.

Findet die Zukunft online statt?

Digitale Technik war in vielerlei Hinsicht schon vor Corona ein fester Bestandteil unseres Alltags, doch mit dem Einbruch der Pandemie zeigte sich auch, wie groß die Defizite dahingehend noch sind. In der Bildung und der öffentlichen Verwaltung fand digitale Technologie bisher im Grunde nicht statt und auf die Schnelle fiel es schwer, die notwendige Infrastruktur aufzubauen. Gleichzeitig haben wir aber auch gesehen, wie viel digitale Hilfsmittel leisten können. Treffen zwischen Geschäftspartner*innen konnten problemlos online stattfinden und durch Messengerdienste oder Videotelefonie konnten wir uns, auch in Zeiten von Social Distancing, ein gewisses Maß an menschlicher Nähe erhalten, ohne einander zu gefährden. Diese Neubewertung von digitaler Technik könnte auch in anderen Bereichen der Digitalisierung einen großen Schub verschaffen. Auch die Pflege kann auf verschiedene Weisen von neuen technologischen Entwicklungen profitieren. Wenn sich ein neuer Innovationsgeist durchsetzt, dürfte diese Entwicklung von nun an deutlich schneller vorangehen.

Die Corona-Pandemie hat unseren Alltag völlig auf den Kopf gestellt, nie haben wir eine vergleichbare Situation erlebt. Was die Gesellschaft daraus macht und welche neuen Denkweisen sich auch über das Ende der Pandemie hinaus halten werden, ist schwer zu sagen. Doch der Ausnahmezustand hat uns einige Missstände deutlicher denn je vor Augen geführt, lässt uns alte Gewissheiten überdenken und unkonventionelle Lösungen ausprobieren. Die Krise hat große Opfer gefordert, aber sie kann auch der Anlass für Innovation und Erneuerung sein. Wie Corona uns und die Art, wie wir unser Zusammenleben gestalten, verändert, liegt in unserer Hand.

Quellen:

Change Magazin: www.change-magazin.de/corona-veraendert-gesellschaftlichen-zusammenhalt

Zukunftsinstitut: www.zukunftsinstitut.de/der-corona-effekt-4-zukunftsszenarien/

Institut Kommunikation Gesellschaft: www.institut-kommunikation-gesellschaft.de/die-gesellschaftlichen-folgen-der-coronakrise/

Karlsruher Institut für Technologie: www.itas.kit.edu/projekt erste_ergebnisse

Bundeszentrale für politische Bildung: www.bpb.de/coronavirus/gesundheitsversorgung

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