Triage-Gesetz im Bundestag – Eine Entscheidung über Leben und Tod ist gefallen
Vorstellen wollen wir uns das alle nicht: In einer Notsituation entscheiden zu müssen, wer eine medizinische Versorgung erhalten soll und wer nicht. Wer dabei bevorzugt wird, wurde gestern im Bundestag beschlossen. Das Triage-Gesetz tritt ab sofort in Kraft. Das bedeutet, es gibt nun klare Regeln, die darüber entscheiden welche Patient*innen im Falle eines Versorgungsengpasses in der Pandemie behandelt werden.
Was ist das Triage-Gesetz?
Der Begriff „Triage“ kommt aus dem Französischen und bedeutet „Sichten“ oder „Sortieren“. In der Medizin beschreibt es die Einteilung von Patient*innen nach der Schwere ihrer Verletzung. Das Verfahren ist nötig, wenn nur begrenzt medizinische Hilfe zur Verfügung steht. So entscheiden Ärzt*innen und Pflegefachkräfte danach, wer besonders gefährdet ist und gleichzeitig die größten Überlebenschancen hat. In Notaufnahmen gehört das Triage-Verfahren zum Alltag.
Das kontroverse Thema hat vor allem während der Corona-Pandemie an Aufmerksamkeit gewonnen, da die drastisch steigenden Fallzahlen zu vollen Intensivstationen führten. Durch die begrenzte Anzahl von Betten und Beatmungsgeräten, kann es zu medizinischen Engpässen kommen. Wenn die Kapazitäten letztendlich erschöpft sind, müssen Ärzt*innen eine moralisch schwierige Entscheidung treffen. Damit das medizinische Personal in so einer Situation nicht komplett auf sich alleine gestellt ist, wurden bisher Empfehlungen zur Handlungsmöglichkeit von medizinischen Fachgesellschaften in einer solchen Situation ausgesprochen. Richtlinien bzw. Empfehlungen schaffen Orientierung und entlasten die Entscheidungsträger*innen auch psychisch.
Der Bundestag verabschiedet das Triage-Gesetz
Ein bereits bestehender Gesetzesentwurf zum Triage-Verfahren wurde nun am Donnerstagabend (10.11.2022) ausdiskutiert und letztendlich auch verabschiedet. Bei der Diskussion ging es vor allem darum, dass es zu keiner Benachteiligung von alten oder behinderten Menschen im Krankenhaus kommt. Hierbei wurde das Triage-Gesetz im Fall von nicht für alle Patient*innen ausreichenden Behandlungsmöglichkeiten, in einer Pandemie, verabschiedet. Das Gesetz besagt nun, dass alte Menschen oder Menschen mit einer Behinderung bei Versorgungsengpässen nicht benachteiligt werden sollen. Genauso ist die Benachteiligung aufgrund des Geschlechtes oder der Herkunft laut Gesetz untersagt. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hob dies nochmal besonders hervor: „Prinzipiell muss klar sein, dass Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen auch in Zeiten knapper Kapazitäten nicht benachteiligt werden.“ Laut Gesetz soll in einer Notsituation nach der aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit der Patient*innen beurteilt werden. Politiker*innen mehrerer Parteien haben gestern im Bundestag die Hoffnung geäußert, dass das Gesetz niemals zur Anwendung kommen müsse.
Ob das gestern beschlossene Gesetz in Notsituationen nun eine angemessene Anordnung für solche Situationen ist, bleibt abzuwarten. Die Meinungen werden sich sicherlich auch hier spalten, da die Thematik sehr umstritten ist.
Kritik am Gesetz
CDU:
– Triage gilt nur in Pandemien, andere Situationen wie Naturkatastrophen, Krieg, Anschläge werden nicht berücksichtigt
AFD:
– Übergriffigkeit des Staates und Ausdruck des Misstrauens gegenüber Ärzt*innen
Behindertenverbände:
– Gesetz ist noch zu ungenau
– Menschen mit Behinderungen drohen trotzdem Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung
Patientenschützer*innen:
– Alte Menschen und Menschen mit Behinderung sind in der Realität trotzdem benachteiligt
– Regeln für nationale Großlagen fehlen
– Sanktionen für Ärzt*innen, die gesetzliche Vorgaben ignorieren, müssen eingeführt werden
Meint ihr, das Triage-Gesetz ist effektiv und wird positive Auswirkungen haben?
Quellen:
Quarks: Was das Triage-System zu bedeuten hat
Tagesschau: Ein ethisches Dilemma
Tagesschau: Bundestag billigt Triage-Gesetz
Deutschlandfunk: Gesetz zur Triage