15 Jul 2021

Pflegethermometer 2021: Deine Stimme zählt!

Pflegethermometer 2021^
Speichern

Die häusliche Intensivpflege ist ein facettenreicher Versorgungsbereich, zu dem es aber kaum verlässliche Daten gibt. Daher ist es für den Gesetzgeber schwierig, eine adäquate rechtliche Grundlage für diesen Bereich zu schaffen. Viele gesetzliche Regelungen gehen an den realen Bedürfnissen der Pflegebedürftigen sowie der Mitarbeitenden in diesem Bereich vorbei. Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) will das ändern und führt aktuell eine landesweite Studie zur Situation und Versorgung von Menschen in der häuslichen Intensivversorgung durch.

 

Die Vielfalt der Ambulanten Intensivpflege wird kaum erfasst

Ambulante Intensivpflege ist alles andere als ein einheitlicher Versorgungsbereich. Die verschiedenen Modelle richten sich stark nach den pflegebedürftigen Menschen. Daher gibt es wohl beinahe so viele unterschiedliche Arten, wie Intensivpflege organisiert wird, wie es Klient*innen gibt, die diese in Anspruch nehmen. Gerade wenn es um gesetzliche Neuregelungen geht, ist diese Vielfalt fatal. Es gibt kaum belastbare Daten, die die Lebenswirklichkeiten im Bereich der ambulanten Intensivpflege authentisch abbilden, und so wird der gesetzliche Rahmen der Realität oft nicht gerecht.

Die Gesetze entsprechen nicht der Realität der Intensivpflege

Ein gutes Beispiel für diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bietet Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz, das Ende 2020 verabschiedet wurde. Das Gesundheitsministerium wollte mit dieser Neuregelung die Versorgung von Intensiv-Pflegebedürftigen verbessern, Fehlanreize in der Intensivpflege beseitigen, die Selbstbestimmung der Betroffenen stärken und den Zugang zu medizinischer Rehabilitation vereinfachen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagt: „So stärken wir die Versorgung gerade der Patienten, die oftmals nicht mehr für sich selbst die Stimme erheben können.“ Diese Ziele klingen zwar wünschenswert, aber die tatsächlichen Auswirkungen des Gesetzes auf den Alltag in der Intensivpflege sehen anders aus.

Die DIGAB e.V. sieht viele Probleme

Die Deutsche Interdisziplinäre Gesellschaft für Außerklinische Beatmung (DIGAB e.V.) stellt in ihrer Stellungnahme einige Probleme des Gesetzes heraus. Das Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz sieht für die Indikation und Verordnung der passenden Versorgungsform von Beatmungspatient*innen eine dreistufige Beurteilung der Situation vor. Zunächst sollen ärztliche Fachexpert*innen eine Einschätzung abgeben und im Anschluss folgen eine Beratung durch Krankenkassen-Mitarbeiter*innen sowie die Begutachtung durch Mitarbeiter*innen des Medizinischen Dienst.

Das Wohl der Pflegebedürftigen muss im Mittelpunkt stehen

Die DIGAB kritisiert, dass das Gesetz zwar eine Beurteilung durch fachlich hoch qualifizierte Ärzt*innen vorschreibe, die anderen Beteiligten aber keine besonderen Qualifikationen mitbringen müssten. Letztlich liege die Entscheidung über den Versorgungsort und die Versorgungsform nicht bei den Expert*innen, sondern bei fachfremden Personen, die außerdem nicht neutral seien. Die DIGAB sieht eine hohe Gefahr darin, dass mit den Vertreter*innen der Krankenkassen der Kostenträger maßgeblich an der Versorgungsentscheidung beteiligt ist. Die Gesellschaft befürchtet, so werde nicht sichergestellt, dass bei der Entscheidung das Wohl der Pflegebedürftigen im Vordergrund steht.

Individuelle Pflegemodelle werden nicht berücksichtigt

Die außerklinische Intensivpflege ist – insbesondere in Hinblick auf die Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen und ihre Möglichkeiten zur Teilhabe – ein bewährtes Pflegemodell. Dadurch, dass in der ambulanten 1:1 Betreuung, in Pflege-Wohngemeinschaften und auch bei Modellen der persönlichen Assistenz ein festes Team die Versorgung der betroffenen Person übernimmt, ergibt sich eine bessere Kontinuität der Pflege und die Versorgung ist passgenau nach den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen ausgerichtet. Diese Pflegemodelle seien zwar für das Wohl der Betroffenen sehr förderlich, aber träten oft auch in Mischformen auf und passten nur selten in das Schema des Gesetzgebers, meint die DIGAB. Daher sei zu befürchten, dass sehr individualisierte Versorgungsformen in Zukunft nicht mehr möglich sein könnten.

Das „Pflegethermometer 2021“ soll eine bessere Datenlage schaffen

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung e.V. (DIP) will den Mitarbeiter*innen der Intensivpflege genauso wie den verantwortlichen Politiker*innen ein Werkzeug an die Hand geben, um für das große Spektrum an pflegerischer Versorgungssituationen einen adäquaten gesetzlichen Rahmen zu schaffen. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Fachkrankenpflege und Funktionsdienste e.V. (DGF), der Deutschen Fachpflege Gruppe (DFG) und anderen Organisationen hat das DIP eine Studie realisiert, die die facettenreiche Situation von Menschen in häuslicher Intensivbetreuung erfassen soll. Die Ergebnisse des sogenannten „Pflegethermometer 2021“ sollen im Frühjahr 2022 vorliegen.

Eure Unterstützung ist gefragt

Für die Datenerhebung ist die Mithilfe der Beschäftigten und der Leitungskräfte in der ambulanten Intensivpflege unerlässlich. Noch bis zum 30. August 2021 könnt Ihr anonym an der Befragung teilnehmen und eurer Wissen zur Verfügung stellen. Den Online-Fragebogen für Mitarbeitende findet Ihr hier: ww3.unipark.de/uc/Pflege-Thermometer2021_Befragung_Mitarbeitende und den für Leitungskräfte hier ww3.unipark.de/uc/Pflege-Thermometer2021_Befragung_Leitungskraefte

 

Deine Meinung zählt!

Speichern
0
0