Mehr Azubis in der Pflege: Ist der Pflegenotstand bald Geschichte?
Der Pflegenotstand in Deutschland war noch nie so sichtbar für die breite Öffentlichkeit, wie in Zeiten der Coronapandemie. Doch was bei all den schlechten Nachrichten aktuell untergeht, ist die Tatsache, dass 2020 die Zahl der Auszubildenden in der Pflege gestiegen ist. Laut Angaben des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend waren es im Jahr 2019/2020 rund 8% mehr als im Jahr zuvor. Im Vergleich zu vor zehn Jahren gibt es sogar einen Anstieg von 39%.
Zahlen belegen Anstieg der Auszubildenden
Der Pflegeberuf scheint also für junge Menschen attraktiver zu sein, als es viele Expert*innen lange befürchteten. Trotz der schlechten Arbeitsbedingungen und der größtenteils negativ behafteten Berichterstattung über den Pflegeberuf, welche sich in Zeiten von Corona noch einmal verstärkt hat, beweisen die Zahlen aus dem vergangenen Jahr einen klaren Anstieg bei den Auszubildenden in der Pflege. Wie das Statistische Bundesamt im Oktober 2020 bekannt gab, begannen im vergangenen Jahr 71.300 Menschen eine Ausbildung in der Pflege. Im Jahr 2019 schlossen rund 44.900 Menschen ihre Ausbildung ab. Doch wieso kommt es zu diesem Wachstum?
Mehr Wertschätzung für systemrelevante Berufe
Mögliche Gründe könnten natürlich der langsam ansteigende Lohn in der Branche und die vielen Imagekampagne der Regierung sein. Die Kurzserie “Ehrenpflegas” etwa sorgte 2020 für viel Aufmerksamkeit – wenn auch nicht nur für positive. Aktuell liegt der Mindestlohn in der Pflege bei 11.20€ bzw. 11.60€. Bis April 2022 soll er weiterhin angehoben werden und dann bei einheitlichen 13.20€ liegen. Ein weitere denkbarer Grund könnte aber auch der Beginn der Corona-Pandemie im letzten Jahr gewesen sein. Besonders am Anfang der Krise war die Wertschätzung in der Gesellschaft für die “systemrelevanten” Berufe groß. Applaus und Corona-Prämie sind zwar nicht das gewesen, was sich viele Pfleger*innen gewünscht hätten, jedoch haben sie viel Aufmerksamkeit für den Beruf mit sich gebracht und so gezeigt, wie wichtig die Arbeit in der Pflege für die Gesellschaft ist. Junge Menschen, die etwas bewegen wollen und gerne anderen helfen, sind so vielleicht erst richtig auf die Möglichkeiten in der Pflege aufmerksam geworden.
Mehr Männer für die Pflege
Laut Statistik werden immer noch 75% der Ausbildungsstellen von Frauen angestrebt. Doch diese Zahl war in der Vergangenheit noch höher. Zehn Jahre zuvor waren es noch 81%. Im Umkehrschluss bedeutet das, es wagen sich auch immer mehr Männer in die Ausbildung in der Pflege. Inzwischen ist es also jeder vierte Auszubildende männlich und die Tendenz ist weiter steigend. Der Pflegeberuf als reiner “Frauenjob” könnte so auch bald der Vergangenheit angehören.
Ist der Pflegenotstand jetzt Geschichte?
Eine riskante These, aber auch lange Sicht könnte man sich diese Frage vielleicht sogar ernsthaft stellen. Wenn die Wertschätzung des Pflegeberufes weiter wächst und somit auch die Auszubildendenzahlen steigen – ist der Pflegenotstand dann überhaupt noch existent?
Der Trend ist auf den ersten Blick auf jeden Fall positiv. Was allerdings Sorgen macht ist ein Bericht der Bundespflegekammer, laut dem seit Beginn der Corona-Pandemie mehr und mehr Auszubildende ihre Ausbildung abbrechen. Auch der Fakt, dass die Auszubildenden als Textpersonal eingesetzt werden sollten, trug einen großen Teil dazu bei. Außerdem könnte es sein, dass dieser Anstieg der Auszubildendenzahlen nur ein kurzer Trend aufgrund der Krise ist. Ob die Zahlen weiterhin so steigen, bleibt abzuwarten.
Insgesamt lässt sich also sagen, dass man auf einem guten Weg ist, der Umgang mit den Pflegekräften sich jedoch weiterhin verbessern muss, um langfristige Auswirkungen auf den Pflegenotstand zu haben. Was sollte sich konkret verändern? Das haben wir in unserem Blogpost “Unsere Forderungen für die Pflege” für euch einmal zusammengefasst.
Quellen:
Ärztezeitung: https://www.aerztezeitung.de/Wirtschaft/Pflege-anscheinend-doch-attraktiv-fuer-junge-Leute-414105.html
Bibliomed: https://www.bibliomed-pflege.de/news/immer-mehr-pflegeazubis-brechen-ab
Arbeitgeberverband Pflege: https://arbeitgeberverband-pflege.de/das-haben-wir-zu-sagen/der-neue-mindestlohn-fuer-hilfskraefte-in-der-altenpflege-ab-1-juli-2020-liegt-bei-1160-euro/