Gewalt in der Pflege – Warum werden Pflegekräfte und Pflegebedürftige gewalttätig?
Egal ob Pfleger*in oder Patient*in -Es kommt immer wieder vor, dass der Pflegealltag von Aggressionen und Gewalt bestimmt wird. Dies kann für beide Seiten nicht nur körperliche, sondern auch seelische Folgen haben. Es wird dabei zwischen fünf verschiedenen Formen der Gewalt unterschieden: körperliche Gewalt, psychische Gewalt, Vernachlässigung, finanzielle Ausnutzung und intime Übergriffe. Alle diese Verhaltensweisen sind übergriffig und werden als Gewaltausübung eingestuft.
Gewalt gegenüber Pflegebedürftigen
Pflegerinnen und Pfleger haben Verantwortung inne und sollten sich bewusst sein, dass sie durch ihre Worte und Taten durchaus in der Lage sind, Patient*innen nachhaltig zu verletzen. Pflegebedürftige sind von ihren Pfleger*innen abhängig und können sich in so einer Situation kaum wehren. Die Pflegekräfte können ihren Patient*innen körperliche Schäden zufügen, indem sie diese zu fest anfassen, schlagen, kratzen oder zu grob mit ihnen umgehen.
Die Möglichkeiten, jemandem psychisch zu schaden, sind endlos. Eine Person kann durch eine respektlose Behandlung, von abfälligen Bemerkungen, durch Anschreien oder Beleidigungen mental verletzt werden.
Zur Vernachlässigung einer pflegebedürftigen Person zählt das nicht Verabreichen notwendiger Medikamente, die Vorenthaltung medizinischer Versorgung, nicht ausreichende Körperpflege, das Ignorieren von Schmerzen, der Entzug von Nahrung und Flüssigkeit, unterlassene Hilfeleistung in Alltagssituationen sowie fehlende Wertschätzung.
Den Patienten finanziell auszunutzen ist ebenfalls nicht unbekannt. Davon ist die Rede, sobald erpresst wird, unbefugt auf das persönliche Vermögen zugegriffen wird oder Wertgegenstände oder Geld entwendet werden.
Gewalt in Form von intimen Übergriffen reicht vom Brechen der Privatsphäre, indem man beispielsweise Briefe unbefugt öffnet, bis hin zu sexueller Belästigung, erzwungenen Intimkontakten und der Missachtung der Intimsphäre und der Schamgefühle. Wird ein solches Verhalten gegenüber Pflegebedürftigen ausgeübt, kann sich dies auf die Psyche der Person auswirken. Anzeichen dafür wären etwa schreckhaftes Verhalten, Schlaflosigkeit, Verwirrung oder Aggressivität.
Pflegekräfte werden aus vielen unterschiedlichen Gründen gewalttätig. Letztlich ist es kaum möglich, einen konkreten Auslöser zu bestimmen. Mögliche Gründe könnten das Unvermögen sein, mit der großen Verantwortung des Pflegeberufs umzugehen, das Fehlen von Freizeit, die empfundene Diskrepanz zwischen geleisteter Arbeit und Lohn. Doch nicht nur im beruflichen Sinne kommt zu Gewalt gegenüber Pflegebedürftigen, auch pflegende Angehörige können zu Täter*innen werden.
Gewalt gegenüber Pflegekräften
Gewalt kann nicht nur von Seiten der Pflegekräfte kommen, sondern auch von den Patient*innen. Ob im Krankenhaus, Heim oder ambulanten Dienst können Pflegekräfte mit Gewalt und Aggressionen konfrontiert werden. Auch hier kann die Gewalt verschiedenste Formen annehmen: Drohungen, Beleidigungen, körperliche Gewalt und sexuelle Belästigung erleben auch Pflegekräfte.
Aggressivität hat einen Grund
Ein Grund für das beschriebene Verhalten können sein, dass die Patient*innen die Pflegesituation nicht akzeptieren. Fremdbestimmung, Vereinsamung sowie Verzweiflung oder körperliche Schmerzen können ebenfalls gewalttätiges Verhalten verursachen. Deshalb ist es für Patient*innen schwierig, ihr Verhalten zu reflektieren. Anspannung, Übervorsichtigkeit oder überkontrollierendes Verhalten gegenüber der pflegebedürftigen Person, eine ausgeprägte Abwehrhaltung und widersprüchliche Antworten auf Fragen nach Verletzungen können auf Gewalterfahrungen der Pflegekraft hindeuten.
Was kann man tun?
Für pflegebedürftige Person ist es schwer, das eigene Verhalten zu reflektieren und aus eigener Kraft etwas gegen das aggressive Verhalten zu tun. Daher ist es besonders wichtig, dass Angehörige ihnen beistehen.
Als Pflegekraft sollte man sofort handeln, sobald man aggressive Verhaltensweisen an sich selbst beobachtet. Mögliche Bewältigungsstrategien in akuten Situationen könnten sein: Den Raum verlassen, wenn man Wut verspürt, ruhig tief ein- und ausatmen und den seelischen Frust mit ausführlichen Gesprächen abbauen. Im Zweifelsfall sollte man nicht zögern, nach professioneller Hilfe zu suchen. Gerade aussenstehende Personen erfüllen eine wichtige Funktion, da sie mit einer objektiven Perspektive auf die Pflegebeziehung schauen.
Du selbst bist Pflegekraft oder Patient*in und bist von Gewalt betroffen? Hier findest Du weitere Informationen und Hilfe:
Stiftung ZQP: www.pflege-gewalt.de
Pflege-Durch-Angehörige: www.pflege-durch-angehoerige.de/pflegeberatung/
Pflegestützpunkte des Bundes: www.bundesgesundheitsministerium.de/service/pflegestuetzpunkte