Es gibt bis zu 5 Millionen pflegende Angehörige in Deutschland. Nicht umsonst werden sie als Deutschlands größter Pflegedienst bezeichnet. Zum Vergleich: Insgesamt arbeiten knapp 1,15 Millionen Personen mit einer pflegerischen Ausbildung in diesem Bereich (Statistisches Bundesamt Stand 2017). Pflege, Arbeit und Familie sind dabei oft schwer zu koordinieren.
Pflegende Angehörige sind ein zentraler Bestandteil des deutschen Pflegesystems
In Deutschland existieren schätzungsweise 4,5 Millionen Menschen, die auf Hilfe im pflegerischen Kontext angewiesen sind. Die Zahl der anerkannten Pflegebedürftigen liegt bei 3,41 Millionen. Im Vergleich zum Jahr 2015, mit 2,86 Millionen Pflegebedürftigen, lässt sich somit ein Anstieg von rund 19% feststellen. Die Forschung bestätigt diesen Umstand und geht davon aus, dass die Zahl in den kommenden Jahren noch stärker ansteigen wird. Lediglich 24% der Pflegebedürftigen befinden sich in stationären Einrichtungen. Der Anteil der zu Hause Versorgten liegt bei 76%. Diese werden entweder allein durch pflegende Angehörige (51,7%) oder in Verbindung mit ambulanten Pflegediensten (24,3%) versorgt. Diese Zahlen stehen für sich und zeigen die Bedeutung der pflegenden Angehörigen auf.
Maßnahmen zur Unterstützung pflegender Angehöriger
Seit dem Jahr 2009 haben pflegende Angehörige einen Rechtsanspruch auf eine Pflegeberatung durch die Pflegekassen, bei der beispielsweise der Pflegebedarf ermittelt wird oder Informationen zur häuslichen Pflege zur Verfügung gestellt werden. Diese Maßnahme kam gut an. Ebenfalls besteht ein gewisses Angebot an Pflegekursen durch die Pflegeversicherung, diese finden jedoch nur wenig Anklang. Lediglich 12% der pflegenden Angehörigen nutzen diese Möglichkeit. Außerdem gibt es verschiedene Gesetzesentwürfe aus dem Jahr 2015, wie z.B. das „Pflegestärkungsgesetz“. Dieses Gesetz sieht unter anderem vor, dass mehr Geld für die Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflege bereitgestellt wird, wenn die Pflege unterbrochen werden muss. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die eigene Arbeit bis zu zehn Tage zu pausieren und in diesem Zeitraum Pflegeunterstützungsgeld zu erhalten. Ein weiterer Beitrag der Politik besteht in dem „Gesetz zu besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf“. Beschäftigte pflegende Angehörige haben mittels des Gesetzes zum Beispiel einen Anspruch darauf, bis zu 24 Monate teilweise von der Arbeit freigestellt zu werden, wenn sie für die Pflege eines nahen Angehörigen im häuslichen Umfeld zuständig sind.
Pflegende Angehörige in Zeiten von Corona
Während der Corona-Pandemie verschärfte sich die Situation der pflegenden Angehörigen noch weiter. Aus diesem Grund hat die Bundesregierung eine Akuthilfe beschlossen, um Pflege und Beruf während dieser Zeit vereinbar zu machen. Es werden flexible Unterstützungsangebote benötigt. Unter anderem soll der Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld erleichtert und die Dauer der Unterstützung von 10 auf 20 Tage angehoben werden. Die Angebote sind jedoch vorerst bis zum 31. Dezember 2021 befristet.
Ist mehr Unterstützung notwendig?
Auch wenn die Politik bereits Gesetze zur besseren Unterstützung pflegender Angehöriger hervorgebracht hat, geht der politische Diskurs um die Thematik weiter. Pia Zimmermann, Pflegeexpertin der Linksfraktion im Bundestag, interpretiert die hohe Anzahl an pflegenden Angehörigen als Zeichen zu hoher Kosten für professionelle Pflege und einen Mangel an Angeboten in diesem Bereich. Daher fordert sie ein umfassenderes soziales Sicherungssystem und mehr finanzielle Unterstützung für Pflegebedürftige. Nicole Westing, Fachsprecherin der FDP Bundestagsfraktion, betont zurecht, dass nicht nur die Bedingungen der professionellen Pflege, sondern auch die der pflegenden Angehörigen einer Verbesserung bedürfen. Der paritätische Wohlfahrtsverband spricht sich unter anderem für eine, an das Elterngeld angelehnte, Lohnersatzleistung für pflegende Angehörige aus.
Der Blick in die Zukunft zeigt: die Zahl der Pflegebedürftigen wird aller Voraussicht nach weiter ansteigen. Pflegende Angehörige übernehmen bereits jetzt einen immensen Teil der Arbeit, obwohl sie nebenbei womöglich noch Beruf und Familie organisieren müssen. Die Politik handelt, doch es wird sich noch zeigen, ob das ausreicht oder weitere Maßnahmen benötigt werden.
Quellen:
Ärzteblatt: www.aerzteblatt.de/Pflege-findet-weiterhin-vor-allem-durch-Angehoerige-statt
BMFSFJ: www.bmfsfj.de/akuthilfe-fuer-pflegende-angehoerige-beschlossen/
GBE: www.gbe-bund.de/
GBE: www.gbe-bund.de/abrechnung
Pflege durch Angehörige: www.pflege-durch-angehoerige.de/
Statistisches Bundesamt: www.destatis.de/DE/Presse/
Thomas Klie et al. (2011): Evaluation der Pflegeberatung gem. § 7a Abs. 7 Satz 1 SGB XI. GKV-Spitzenverband, Berlin.