In einem Interview mit dem Tagesspiegel bestätigt Wirtschaftsinformatiker Daniel Fürstenau, dass künstliche Intelligenz (KI) das Potenzial habe, die Pflegebranche zu revolutionieren – vorausgesetzt, die Datenmenge sei groß genug.
Fürstenau arbeitet mit einer Gruppe im Bereich „KI in der Pflege und Datenplattformen“, bei der Machine Learning eingesetzt wird, um Ergebnisse vorherzusagen. Konkret beschäftigt sich seine Arbeitsgruppe mit dem Thema Sturzgefahr. Dafür wird zunächst die Frage aufgeworfen, wie wahrscheinlich es ist, dass eine Person stürzt. Anschließend werden Daten aus etwa einer Million elektronischer Patientenakten ausgewertet und daraus Klassifikationsmodelle entwickelt. Faktoren wie das Gangbild oder die Medikation werden dabei berücksichtigt.
In Zukunft ließe sich so das Sturzrisiko KI-gestützt deutlich präziser einschätzen als bisher. Ebenso könnten Entscheidungen, ob eine sturzgefährdete Person beispielsweise Unterstützung beim Aufstehen benötigt, künftig KI-gestützt leichter getroffen werden.
Aktuell sei es laut Fürstenau allerdings unklar, wie gut diese Modelle in der Praxis abschneiden. Für die Weiterentwicklung seien daher große Mengen an qualitativ hochwertigen Daten erforderlich.
Allgemein sei das Gesundheitssystem in Deutschland ineffizient. In der Pflege beispielsweise würden manche Mitarbeitende bis zu 40 % ihrer Arbeitszeit für Dokumentation aufwenden. Besonders in diesem Bereich könne KI erhebliche Entlastung schaffen. Ein Beispiel sei das Unternehmen Voize, das Dokumentation per Spracherkennung ermöglicht. Auch in Form von Matchingsystemen, etwa zur Dienstplanoptimierung, könne KI eingesetzt werden – beispielsweise, um Schichten effizient auf Pflegekräfte zu verteilen.
In Deutschland stünden solchen Vorhaben jedoch noch große institutionelle Hürden im Weg. Häufig bestehe Skepsis hinsichtlich des Nutzens der Maßnahmen oder beim Teilen von Daten für Forschungszwecke. Grundvoraussetzungen für die Entwicklung und den Einsatz von KI in der Pflege seien einerseits die Akademisierung des Pflegebereichs und andererseits die Vernetzung der Forschung.
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