13 Dez 2021

Personalmangel durch Corona: Immer mehr Pflegekräfte kündigen

Mehrere Pflegekräfte stehen um OP Tisch
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Als die Corona-Pandemie Anfang 2020 in Deutschland ausbrach, richtete sich viel Aufmerksamkeit auf die Pflege und die Pflegekräfte. Die Bevölkerung stand auf ihren Balkons und klatschte für den Einsatz. Es gab etliche Danksagungen für das unermüdliche Pflegepersonal, welches Tag und Nacht gegen die Pandemie ankämpfte. Von der Politik wurden bessere Arbeitsbedingungen versprochen. Leere Worte – wie sich mittlerweile herausstellt. Schon vor der Pandemie war der Personalmangel ein oft diskutiertes Problem und er steigt unermüdlich weiter. So wie die Pflegekräfte, die auch heute noch auf den Intensivstationen um das Leben vieler Coronapatient*innen kämpfen. Aber ist die Pandemie der einzige Grund für den steigenden Mangel an Pflegekräften?

 

Die Pflege im Teufelskreis

Der Personalmangel in der Pflege steckt in einem Teufelskreis. Während es bereits viel zu wenige qualifizierte Pflegekräfte gibt, die noch einen Beruf innerhalb der Pflege ausüben wollen, wird der Bedarf nach ihnen immer größer. Im April 2020 gab es in Niedersachsen & Bremen 1.149 freie Stellen in der Pflege und 514 arbeitslose Pflegekräfte mit der entsprechenden Qualifikation. Im April 2021 gab es bereits 1.571 freie Stellen und nur noch 485 Arbeitslose und die Zahlen steigen unermüdlich weiter. Die Pflegekräfte sind müde und erschöpft, insbesondere die auf den Intensivstationen, die seit Anfang der Pandemie gegen den Tod vieler Coronapatient*innen kämpfen. Eine Umfrage des Deutschen Berufsverbandes für Pflegekräfte (DBfK) ergab, dass ein Drittel der befragten Pflegekräfte es in Erwägung zieht den Beruf zu wechseln. Mit viel Nachschub ist nicht zu rechnen. Die Abbruchquote der jungen Auszubildenden ist mit 30% enorm hoch.

Qualitätsmangel und unterdurchschnittliche Arbeitsbedingungen

Das fehlende Personal macht sich auch bei der Arbeit der Pflegekräfte bemerkbar. Sie müssen dauerhaft zu viele Patient*innen alleine betreuen. Das führt nicht nur zu Flüchtigkeitsfehlern und Unkonzentriertheit, sondern auch zu physischem und psychischem Stress, der für die meisten letztendlich zu hoch ist. Hohe Belastungen, Zeitdruck und Überstunden begleiten die Pflegekräfte bei ihren Schichten. Die Arbeitsbedingungen und Entlohnungen sind diesen Arbeitsbedingungen keineswegs entsprechend. Im internationalen Vergleich sind sie sogar unterdurchschnittlich. Auch das schreckt viele potentielle Pflegekräfte noch vor dem Beginn einer Ausbildung ab. Denn auch während der Ausbildung werden die angehenden Pfleger*innen nicht von den Überstunden und Wochenenddiensten verschont.

Pflegekraft mit Spritze in der Hand

Impfpflicht vs. Pflegemangel

Zwar wollten viele Pflegekräfte noch die Pandemie durchhalten und sich erst dann einen neuen Job suchen, immer mehr entscheiden sich nun aber doch dagegen. Tausende Pflegekräfte haben bereits gekündigt und immer mehr drohen nun an, sich ihren ehemaligen Kolleg*innen anzuschließen. In ihrem Vorhaben bestätigt werden sie dabei von der angehenden Impfpflicht für Pflegekräfte. Dem Vorschlag des Bundesministerium für Gesundheit nach, könnte die Regelung Anfang nächsten Jahres in Kraft treten. Wer dann noch nicht geimpft ist, hat zwar noch eine Chance sich impfen zu lassen, kann seinem Beruf aber nicht mehr nachgehen, wenn er zu einer Impfung nicht bereit ist.
Viele Pflegekräfte, darunter auch geimpfte, haben sich bereits gegen die Pflicht ausgesprochen und angedroht zu kündigen, wenn sie wirklich durchgesetzt werden sollte. Was mit einer Impfpflicht also einhergeht, sind haufenweise weitere Kündigungen, statt signifikant mehr Geimpfte.

Was ist deiner Meinung nach der wichtigste Faktor, um Pflegekräfte zu halten und ihre Arbeitsbedingungen zu verbessern?

Laut werden statt schweigend hinnehmen!

Um die Vergrößerung des Pflegemangels zu umgehen, muss einiges getan werden. Eine bessere Verteilung der Pflegekräfte und andere Finanzierungsgrundlagen sind hier nur der Anfang. Die Lösungen müssen nachhaltig sein, um auch junge Menschen wieder zu einer Ausbildung in der Pflege zu bewegen. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll es auch ausländischen Pflegekräften ermöglichen, in Deutschland einen Beruf in der Pflege wahrnehmen zu können.
Bessere Löhne durch verbindliche Lohnuntergrenzen und Tarifverträge sollen die Fachkräfte überzeugen, in ihrem Beruf zu bleiben. Aber materielle Verbesserungen sind nicht ausreichend. Pflegekräfte wünschen sich mehr Wertschätzung für das, was sie tun. Jeder Einzelne dieser Gesellschaft wird irgendwann einmal auf die Pflege angewiesen sein und darum sollte jeder Einzelne auch daran interessiert sein, die Pflegenden zu unterstützen.

Person mit gelbem Megaphone in der Hand

Viele Pflegeeinrichtungen versuchen ihre Mitarbeiter*innen bereits durch diverse Mitarbeitervorteile auf ihre Seite zu ziehen und sind damit auf einem guten Weg. Den angestellten Pflegekräften ein angenehmes und erfülltes Arbeitsleben zu bieten, sollte die Devise einer jeden Einrichtung sein. Aber auch die Pflegekräfte selbst müssen aktiv werden. Die Arbeit, die sie leisten, ist notwendig für das Funktionieren der gesamten Gesellschaft. Laut werden, statt die inakzeptablen Schichten und die hohe Belastung schweigend hinzunehmen!

Quellen:

Bundesagentur für Arbeit: www.arbeitsagentur.de/vor-ort/rd-nsb/leergefegter-markt-pflegekrafte-chance

biva.de: www.biva.de/besuchseinschraenkungen-in-alten-und-pflegeheimen-wegen-corona

zeit.de: www.zeit.de/corona-impfungen-deutschland

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